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stricki

Posted on 12.1.2021

Neurose in der Großstadt "Auf der Reeperbahn flogen einem die Touristen wie Insekten ins Auge."(S.72) Ich finde dieser Satz beschreibt die Stimmung des Buches, die Stimmung von Ina perfekt. Ina wohnt bei Falk, eine Art WG, ein bisschen mehr, weit entfernt von einer Beziehung. Ungeklärt. Sie wartet darauf, dass ihr Leben endlich beginnt. Als ihre Mutter stirbt, kommt sie noch mehr aus der Spur, Falk übernimmt und hilft ihr, die Wohnung der verstorbenen Mutter aufzulösen. Wir erfahren viel über Inas dysfunktionale Beziehung zu ihrer Mutter, den abwesenden Vater. Zwei extrovertierte Theatermenschen, laut, gern im Mittelpunkt. Ina ist anders. Wie genau, weiß sie selber nicht. Als ihr Vater ein Stück in Hamburg inszeniert, bewirbt sie sich als Küchenhilfe. Ich mochte es sehr, dass Ina sich im Küchenteam zu Hause und wohl fühlte. Sie weiß noch nicht wie, aber sie will ihrem Vater über diesen Job näher kommen. Näher kommt sie zuerst der Schauspielerin Paula, ein ebenso sperriges, unnahbares Wesen wie sie selbst. Das Buch hat viel Lokalkolorit, was mir gut gefallen hatte. Ich mochte den Schreibstil sehr gern, es war eine schlafwandlerische, sphärische Trägheit, oder fast schon Trance, eine ruppige Melancholie, mit der Ina durch ihr eigenes Leben holpert und stolpert. Nein, sie ist nicht sympathisch. Kann sie auch nicht sein, sie hat nie gelernt, wie gute Beziehungen geführt werden. Es tut fast weh, zu lesen, wie sie den guten Falk regelmäßig vor den Kopf stößt, wie er sich abwendet, wie sie sich an der noch kälteren Paula "abarbeitet". Wie sie um ihren Vater herum schleicht und nicht weiß, wie sie sich offenbaren soll. Und was dann kommt. Eine wunderschöne Geschichte, die gern noch weiter gehen hätte dürfen.

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