travelartandbookblogger
DDR vs. BRD, zwischen Vertrauen und Misstrauen - Hassliebe für einen Staat, nicht zurecht kommen mit der neuen Situation nach der Wende, Konflikte zwischen 'Ossis' und 'Wessis' merklich spürbar: Mir persönlich war die in "Zwei fremde Leben" geschilderte Situation bislang gar nicht so bewusst, vielleicht weil ich nach der Wende in Westdeutschland geboren wurde. Tatsächlich glaube ich aber auch, dass unsere eigene jüngste Geschichte viel zu wenig aufgearbeitet ist, und vor allem viel zu wenig neutral betrachtet wird. Frank Goldammer erzählt aus drei Perspektiven die Geschichte eines sechszehnjährigen adoptierten Mädchens, deren Adoptiveltern Vorzeige-SED-Parteimitglieder sind, einer gebärenden Arzttochter mit mutmaßlicher Totgeburt und eines Vater werdenden Polizisten, der selbst im Fall 'Kindestod' ermitteln will. Wie hängen diese Schicksale zusammen? Hat die DDR systematisch Kinder entführt? Ein großer Pluspunkt bekommt der Roman von mir auf jeden Fall für den Spannungsaufbau, auch wenn ich nicht so recht weiß, ob ich mit der Auflösung so glücklich bin. Was ich jedoch viel beeindruckender fand, war, dass der Autor es geschafft hat, dass ich mich fast auf jeder Seite selbst unheimlich beobachtet gefühlt habe. Es muss wahnsinnig angsteinflößend gewesen sein, überwacht zu werden, und markerschütternd enttäuschend nach Lesen der eigenen Stasiakte zu erfahren, wer einen eigentlich belogen und verraten hat. Vielen Dank für den Einblick in unterschiedliche Schicksale, die vermutlich stellvertretend für eine Generation, für ein Land, das es nicht mehr gibt und irgendwie dennoch für viele allgegenwärtig ist, stehen.