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travelartandbookblogger

Posted on 12.1.2021

Wilde Freude von Sorj Chalandon ist ein Roman über vier Frauen, die durch ihre Krebserkrankung zueinander finden. Zunächst einmal ist es mir nicht leicht gefallen, mich an den parataktischen und elliptischen Schreibstil zu gewöhnen. Sprachlich war das Buch auch nicht so mein Fall, auch wenn ich einige Formulierungen und sprachlichen Bilder ganz gelungen fand: ja es ist 'nur' eine Übersetzung, vielleicht hätte ich besser das französische Original lesen sollen, je ne sais pas. Die Verbundenheit der Frauen erinnert ein wenig an den Club der roten Bänder, nur dass mir die Protagonistinnen alle nicht sympathisch sind. Irgendwie zu selbstgerecht, okay sie haben ein schweres Schicksal, alle ein Kind verloren und dazu die Diagnose Krebs, aber alle anderen Personen ihres Lebens werden so so negativ dargestellt, das ist für mich einfach einseitig, nicht realistisch, zu unreflektiert. Außerdem ist mir die inflationäre Verwendung des Wortes 'adoptiert' aber nicht dessen Grundbedeutung, sondern in dem Sinne, dass man jemanden in seinem Kreis akzeptiert, negativ aufgefallen. Der Klappentext verrät, was erst nach über der Hälfte des Buches angesprochen wird. Kriminelle werden heroisch dargestellt, die Geschlechterdarstellung gefällt mir an einigen Stellen ebenfalls überhaupt nicht, vielleicht fällt es männlichen Autoren aber auch einfach generell schwerer, in weibliche Charaktere hineinzuschlüpfen.. Die zusammenhangslosen Einschübe historischer Ereignisse verstehe ich nicht, zum einen weil ich mich bislang nicht mit der Kolonialgeschichte Frankreichs auseinander gesetzt habe, zum anderen leuchtet mir nicht ein, was das überhaupt mit dem Roman zu tun haben soll; ebenso die Bezüge zum Zweiten Weltkrieg und auch die Heiligenverehrung - Kontext?! Kurzum: die erste Hälfte hätte man sich sparen können, Hintergrundinformationen, die die Handlung kausalverknüpft aufbauen/unterstützen/komplementieren - gerne, aber einfach so irgendwelche historischen Ereignisse einbauen ohne Grund - why? :D Als die Handlung dann endlich nach mehr als 150 Seiten einsetzt (das gesamte Buch hat einen Umfang von 284 Seiten), ist der Roman doch recht lesenswert (es gibt sogar noch eine unerwartete Wendung kurz vor Schluss) meiner Ansicht nach aber leider viel zu spät - schade!

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