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mrsrabe

Posted on 9.1.2021

South Central, Los Angeles. Ein gemütliches Barbecue unter Nachbarn, so scheint es. Die Männer scharen sich um Garcia, der den Grill bedient. Seine Frau Lola hält mit einer Gruppe junger Frauen ein Schwätzchen über Männer, Kinder und Kuchen. Alles harmlos. Natürlich sind nicht alle Nachbarn Mitglieder der Crenshaw Six, der Latino-Straßen-Gang, doch die meisten. Dann aber wird die Gartenparty vom Erscheinen des El Coleccionista - dem Eintreiber des Kartells- unterbrochen. In den täglichen Revierkämpfen rund um den Drogenverkauf gibt es einen neuen Mitbewerber. Der Auftrag des Eintreibers lautet nun, beim nächsten Deal des Newcomers die Übergabe zu sabotieren. Lola ist tough, beherzt, folgt einem eigenen moralischen Index - und sie ist kriminell. Niemand weiß, dass nicht Garcia, sondern sie die Anführerin der Crenshaw Six ist. Und weil ihre Soldaten den Auftrag des Kartells in den Sand gesetzt haben, weil jetzt dem Kartell zwei Millionen Dollar und Heroin mit demselben Wert durch die Lappen gegangen sind, steht Lola nun auf der Abschussliste des Kartells. Doch davon unbekümmert geht sie ihren Geschäften nach, sorgt für ihre erweiterte Familie, straft ihren Bruder für sein Versagen bei der misslungenen Drogenübergabe, kümmert sich liebevoll um ihren Hund und die kleine Lucy. Dieses Mädchen weckt ihn Lola Erinnerungen an ihre Vergangenheit. So wie Lucy heute von ihrer drogensüchtigen Mutter für Drogen verkauft wird, erging es Lola mit ihrer Mutter Maria ebenso. „Vielleicht bleiben Lola nur noch fünfundvierzig Stunden. Sie findet, dass es ein guter Punkt auf ihrer Löffelliste wäre, einen Pädophilen fertigzumachen.“ Mit Lola hat die amerikanische Schriftstellerin Melissa Scrivner Love eine Protagonistin ins Leben gerufen, der man sehr ambivalent gegenübersteht. Lola ist ein ungewöhnlicher Charakter, eine Antiheldin, die aus dieser vom Machismo geprägten Welt heraussticht. Eine Abführerin in einer Männerdomäne. Als junges Mädchen gerät Lola an den Leader einer Gang, wird seine Freundin, verabschiedet sich von ihren Plänen aufs College zu gehen und wird Mitglied der Gang, die sie später selbst übernehmen wird. Lola kennt den Unterschied zwischen Gut und Böse, sehnt sich manchmal nach einem normalen Leben. „Sie stellt sich eine Welt ohne Verbrechen vor. Ohne Cops. Ohne Anwälte. Ohne Richter. Sie stellt sich vor, wie diese Leute verhungern mussten, wenn das Verbrechen sie und ihre Familien nicht ernährte.“ Auf den Straßen von South Central herrscht Armut, Abhängigkeit und Arbeitslosigkeit. Eine Frau als Boss einer Straßengang ist selten und Lola behandelt ihre Soldaten hart, aber gerecht. Niemals würde sie Drogen an Kinder oder Alte verkaufen, das verbietet ihr Gangkodex. Doch auch wenn Lola absolut keine Skrupel hat, jemanden eine Kugel zwischen die Augen zu verpassen, hat sie einen wunden Punkt: ihre Vergangenheit und ihre Familie. „Hier kriegt man keine zweite Chance, niemand kommt hier wieder auf die Beine. Für Comebacks hat keiner Zeit. Statt einer Minimalstrafe in einem Weißenknast gibt’s hier eine Kugel in den Kopf – als Opfer der Umstände oder als Kollateralschaden. Erfolgsgeschichten sind die Ausnahme, und noch seltener welche mit Happy End.“ Für die, die sie liebt ist bereit jedes Risiko einzugehen. Sie will überleben, um dem Kind, das sie aufgenommen hat, eine Zukunft zu geben. Das treibt sie an und so gerät sie in eine immer schneller drehende Spirale von Gewalt und dreckigen Geschäften. Die Handlanger des mexikanischen Drogenkartells, die Konkurrenz am Drogenmarkt, abhängige Informanten, korrupte Polizisten, eine undurchsichtige Staatsanwältin: eine gefährliche Mischung, und die Karten in diesem schmutzigen Spiel werden täglich neu gemischt. Während Lolas Zeit abläuft, muss sie mehrere Seiten bedienen, will sich aber auch nicht länger dem Diktat der befehlenden Männer beugen. Melissa Scrivner Love hat eine erfrischend provokant weibliche Sprache. „Lola“ ist nicht nur ein Drogenthriller, sondern auch ein scharfer Blick auf die Verhältnisse, auf Missbrauch und Verwahrlosung und gleichzeitig auch eine clevere Bekundung zur Geschlechterfrage.

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