tintenwelten
Nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter findet sich die fünfzehnjährige Antonia bei ihrem Großvater Otto wieder, von dessen Existenz sie bisher noch nicht einmal etwas geahnt hat. Er ist griesgrämig, scheint eher ein Einsiedler zu sein und auch im Ort ist er nicht sonderlich beliebt. Doch dann entdeckt das Mädchen in der Scheune ein altes Karussell und ist völlig verzaubert von dem nostalgischen Fahrgeschäft, welches Otto wie seinen Augapfel hütet. Erzählt wird in zwei Perspektiven und Zeitsträngen. Einerseits erfährt der Leser die aktuellen Ereignisse aus Antonias Sicht. Den Verlust ihrer Mutter und die damit verbundene Trauer habe ich als sehr bewegend empfunden und konnte mich sehr gut in ihre Gefühlswelt hineinversetzen. Umso schöner war es dann zu sehen, wie Enkelin und Großvater sich langsam annähern. In Rückblenden ins Jahr 1938 berichtet Otto von seinem Leben als Schausteller des Frankfurter Weihnachtsmarktes, bei dem das Karussell natürlich eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Er spricht von seiner großen Liebe, den Unterschieden und Vorurteilen zwischen armen und reichen Bevölkerungsschichten und letztendlich ist auch der Krieg ein Thema. Nach und nach versteht man, warum aus einem sympathischen, etwas naiven, aber hoffnungsvollen jungen Mann ein derartig ruppiger alter Mann geworden ist. Es ist eine tragische und emotionale Geschichte, die mich sehr berührt hat. Grade dieser Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart macht den besonderen Reiz des Buches aus. Die jeweiligen Abschnitte enden immer besonders spannend, so dass ich unbedingt wissen wollte wie es weiter geht. Interessant war außerdem das vergangene Frankfurt im Vergleich zur heutigen Stadt kennenzulernen. Ein Großteil der Geschichte spielt auf dem Frankfurter Weihnachtsmarkt, der eine ganz spezielle und feierliche Atmosphäre verbreitet. Auch die Charaktere konnten mich überzeugen. Neben Antonia und Otto treten noch einige Personen auf, die alle irgendwie charmant, liebenswert und besonders sind. Das Untereinander war einfach schön zu beobachten und erleben. Grade Otto sorgte durch seine verschrobene Art und Weise immer wieder für ein Schmunzeln bei mir. Zugegeben, das Ende kommt jetzt nicht wirklich unerwartet. Aber insgesamt ist „Das Winterkarussell“ eine mitreißende, schon fast märchenhafte Geschichte, die den winterlichen und weihnachtlichen Zauber einfängt. Eine Geschichte über Freundschaft, Familie und die erste Liebe, aber eben auch über Verlust und Trauer, verpasste Chancen.