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Buchdoktor

Posted on 7.1.2021

Inhalt Als Sohn eines Vaters, der ihm kein gutes Vorbild war, muss Okonkwo sich seinen Platz in der Dorfgemeinschaft hart erkämpfen. Der junge Nigerianer gelangt mit seinem Sieg in einem Boxkampf zu Ansehen; doch er wird niemals seine Angst vor Schwäche und dem Scheitern verlieren. Die Igbo in Nigeria leben zur Zeit der Handlung (1850 bis 1890) in Großfamilien, die zur besseren Verteidigung nach außen Dorfgemeinschaften bilden. Ein angesehener Igbo muss mit den Erträgen seiner Felder mehrere Frauen und zahlreiche Kinder ernähren und als Krieger die Gemeinschaft verteidigen können. Eine strenge Hierarchie legt den Rang jedes Familienmitglieds fest. Die Arbeit von Männern und Frauen im Haus und auf dem Feld ist unveränderbar an ihre Geschlechtsrolle gebunden. Nur Männer bauen Yamswurzeln an, Frauen die restlichen Feldfrüchte. Traditionen und Aberglaube spielen im Dorf eine bedeutende Rolle. Das Auftreten von Krankheiten und den Tod im Kindesalter können die Dorfbewohner sich nur durch die Macht von Geistern erklären. Wichtige Entscheidungen (wie ein Krieg gegen einen Nachbarstamm) beschliesst das Orakel. Obwohl jeder im Ort die junge Witwe kennt, die in das Gewand der Orakelpriesterin schlüpft, unterwerfen sich die Dorfbewohner gehorsam ihrem Spruch. Streng nach Stammestradition nimmt Okonkwo zur Abwendung von Blutrache den Jungen Ikemefuna als Geisel in seinen Haushalt auf. Ikemefunas und Okonkwos Stämme liegen miteinander im Streit. Das Heranwachsen von Ikemefuna mit Okonkwos eigenen Söhnen lässt Okonkwos Angst vor Schwäche hervorbrechen. Das Familienoberhaupt fürchtet, sein ältester Sohn könnte zu schwach sein, um die Großfamilie zu führen. Während sich in der Person Obierikas im Dorf bereits deutlich Widerspruch gegen die alten Sitten und Tabus regt, wird die Gemeinschaft mit christlichen Missionaren und der Nigeria durch die britische Kolonialamacht aufgepresste Rechtsprechung konfrontiert. Fazit Chinua Achebe wollte mit seinem Roman das Afrikabild von Lesern im Ausland entzerren und ihnen verdeutlichen, dass nicht die Weißen erst mit der Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents den "ungebildeten" Völkern Kultur brachten. Die Schilderung des Niedergangs einer Kultur durch die Starre ihrer Traditionen, wie auch das tragische Scheitern Okonkwos durch sein Beharren auf den Überlieferungen, sind als zeitlose Konflikte auf andere Kulturen übertragbar. Solange Männer wie Okonkwo aus Angst um ihr Ansehen an überholten Rollenbildern festhalten und die Stärken ihrer Söhne und Töchter nicht wahrnehmen können, bleiben die Probleme des afrikanischen Kontinents auf dem Weg in die Moderne unlösbar. zu Roman und Übersetzung Chinua Achebe (*1930) hat mit seiner Trilogie um Okonkwo und seine Nachkommen weltweit das Afrikabild seiner Leser geprägt. Things fall apart erschien 1958, wurde in über fünfzig Sprachen übersetzt und soll noch immer das in Europa meistgelesene Werk eines afrikanischen Autors sein. 1958 fragten sich (laut Vorwort) europäische Verleger, ob das Buch eines afrikanischen Autors überhaupt verkäuflich sein würde. Inzwischen sind mehr als 8 Millionen Exemplare davon verkauft worden. "Things fall apart" (dt. "Okonkwo oder Das Alte stürzt") ist - teils in gekürzter Fassung - Schullektüre in vielen englischsprachigen und afrikanischen Staaten. Der Titel "Things fall apart" entstammt dem Gedicht Second Coming von William Butler Yeats: Turning and turning in the widening gyre/ The falcon cannot here the falconer/ Things fall apart; the center cannot hold;/ Mere anarchy is loosed upon the world. Achebes Klassiker folgt der afrikanischen Erzähltradition und enthält zahlreiche Sprichwörter, die sich vollständig wohl nur Igbo-Sprechern erschließen wie Chimamanda Ngozi Adichie (*1977), die das Vorwort verfasste. Mit dem Vorwort der jungen nigerianischen Autorin und ausführlichen Anmerkungen des Verlags zur Igbo-Sprache wird aus der Neuübersetzung des klassischen Texts ein zeitlos gültiges Buch, das ganz in Achebes Absicht tiefes Verständnis für das moderne Afrika wecken kann, wo noch immer das Zusammenleben der Völker durch Aberglauben bestimmt wird. Die Fortsetzung "No longer at Ease" (1960, "Heimkehr in ein fremdes Land") erzählt von Okonkwos Enkel Obi, der dritte Band "Arrow of God" (1964, "Der Pfeil Gottes") von seinem Sohn Nwoye. Eine deutsche Ausgabe erschien übersetzt von Richard Moering unter dem Titel "Okonkwo" 1959 im Goverts Verlag und 1976 im Aufbau Verlag. Dagmar Hensler übersetzte die 1983 in der edition suhrkamp erschienene Ausgabe. 2008 fand eine Konferenz zum 50. Erscheinungstag des Buches statt, die sich mit Übersetzungsfragen, dem Einsatz im Unterricht und der Sprache des Romans befasste, dokumentiert im (vergriffenen) Kongressbericht ISBN 978-94-012-0683-9. Neu erscheint im Juli 2012 der Kongressbericht Hrsg. von Whittacker: Chinua Achebe's "Things Fall Apart": 1958-2008. ISBN 978-9042033962 Textauszug "Drei Jahre lebte Ikemefuna im Haushalt Okonkwos, und die Ältesten Umuofias schienen ihn vergessen zu haben. Er schoss auf wie die Blattranken der Yams in der Regenzeit und strotzte vor Lebenskraft. Er war eins mit seiner neuen Familie. Nwoye war er ein älterer Bruder, vom ersten Augenblick an hatte er in dem Jüngeren neues Feuer entfacht. Er gab ihm das Gefühl, erwachsen zu sein, und sie verbrachten die Abende nicht mehr in der Hütte seiner Mutter, während sie kochte, sondern saßen nun bei Okonkwo im obi oder sahen zu, wie er von seiner Ölpalme den Saft für den Abendwein zapfte. Nichts freute Nwoye jetzt mehr, als von seiner Mutter oder einer anderen Frau seines Vaters eine der schwierigen und männlichen Aufgaben des Hauses übertragen zu bekommen. Überbrachte ihm ein jüngerer Bruder oder eine kleine Schwester eine entsprechende Aufforderung, tat Nwoye ärgerlich und maulte laut über die Frauen und ihre Belange. Okonkwo freute sich insgeheim über die Entwicklung seines Sohns, und er wusste wohl, dass sie Ikemefuna zu verdanken war. " (S. 69)

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