kingofmusic
Dancing with tears in my eyes Komisch, dieser Titel von Ultravox fiel mir gerade spontan ein, als ich über einen Titel für meine Rezension zu „Scherbentanz“ von Chris Kraus nachdachte. Und je länger ich das sacken lasse, umso mehr fasziniert mich der Titel (das Lied gehört schon lange zum „Soundtrack meines Lebens“) – drückt er doch eigentlich perfekt aus, was ich über das Buch denke. Ich bin nämlich eigentlich selbst traurig darüber, dem Roman kein gutes Urteil zu geben, dass es „zum Heulen“ ist. Dabei sind die Zutaten des Debütromans (Erstveröffentlichung: 2002 und jetzt (2020) in einer Neuauflage im Diogenes-Verlag erschienen) des Regisseurs und Autors eigentlich gar nicht so schlecht: (Auto-)biografisch angehauchte Familiengeschichte mit schrägen Figuren, purem Sarkasmus vermengt mit philosophischen Zitaten von Lucius Annaeus Seneca (römischer Philosoph). Also eigentlich alles, was mich interessiert, wenn – ja, wenn das Wörtchen wenn nicht wär. Entweder war es das falsche Buch zum falschen Zeitpunkt in meinem Leben oder aber ich konnte mit der völlig kaputten Familie Solms, in der nichts ist, wie es im ersten Moment scheint, wirklich nichts anfangen. Weder der im Angesicht des Todes verbreitete tiefschwarze Sarkasmus von Jesko (er hat Leukämie und soll von seiner psychisch mehr als labilen Mutter Stammzellen gespendet bekommen) noch die relativ rasant gesetzten Schnitte in Sprache und Handlung (hier kommt anscheinend der Regisseur Kraus durch *g*) konnten mich fesseln oder in ihren Bann ziehen. Auch das „Nachwort“ mit einer Episode aus Kraus´ Leben, die in wohl zu „Scherbentanz“ animiert hat, fand ich nicht besonders witzig. Ich weiß, ich stehe relativ allein mit meiner Meinung, aber ich konnte und kann dem „Scherbentanz“ nichts abgewinnen und spreche deshalb auch keine Leseempfehlung aus. Für die ein oder andere gelungene Passage und die Zitate von Seneca gibt´s jeweils einen Stern; mehr ist für mich nicht drin. So, und jetzt gehe ich wieder tanzen… ©kingofmusic