Profilbild von Buchdoktor

Buchdoktor

Posted on 6.1.2021

Auf einer kleinen Insel im Golf von Bengalen bereiten sich Krigk und seine jüngere Schwester R’hee auf ihre Prüfung als Nachtzähmer vor. Krigk fühlt sich bereit für die Prüfung, ist allerdings reichlich sauer, dass er in seiner Entwicklung als Magier Rücksicht auf seine jüngere Schwester nehmen soll. Bisher konnten Mädchen auf Whaku nicht Nachtzähmer werden. Doch der betagte Meister Chaya scheint es mit der Ausbildung des Nachwuchses so eilig zu haben, dass er die Tradition mal schnell über Bord wirft. Außer ihm gibt es weltweit nur zwei andere qualifizierte Meistermagiere, die sich für den Kampf gegen einen gemeinsamen Gegner rüsten. Die Geschwister werden mit ihrem Mentor Menga in eine Welt reisen, deren höchst aktuelle Probleme den beiden sicher sehr fremd sein werden. Menga verfolgt auf dieser Reise eigene Ziele, denn er will seine Heimatinsel unbedingt vor der Bedrohung durch die Moderne und die Gier der Menschen schützen. In der Gegenwart bereitet sich die 9. Klasse einer Realschule auf ihr Schulpraktikum in einer Glühbirnenfabrik vor. Der 15-jährige David wird Christian von Asters Lesern sehr zeitig als künftiger Held angekündigt. David fürchtet sich vor der Dunkelheit und hat gerade eine neue Mitschülerin als Tandem-Partnerin zugeteilt bekommen, mit deren Hilfe er Dunkelheit auch als Chance begreifen lernen könnte. Ayumi Watanabe wird zu Davids Verbindungsperson in eine Welt voller phantastischer Wesen. Ihr Großvater Kuro nimmt die Geschwister von der Insel Whaku bei sich auf – und er entpuppt sich als einer der drei mächtigen Nachtzähmermeister. Währenddessen verschwinden in der Welt außerhalb jener der magischen Wesen im Dunkeln immer mehr und immer größere Gegenstände, so dass bereits eine innenpolitische Krise droht und der Innenminister um seinen Posten fürchtet. Das Schulpraktikum bei Erebos Industries bringt den Schülern schließlich erstaunliche Erlebnisse. Setting, Weltenbau und Figuren fügen sich gemeinsam mit gehörigem Sprachwitz zu einem Fantasy-Abenteuer, das alle Altersgruppen ansprechen könnte. Als erwachsene Leserin habe ich gern darüber nachgedacht, wie unterschiedlich Menschen Dunkelheit erleben können und wie die Figuren sich entwickeln. Auch die Einbindung von fantastischer Welt, Schulalltag und globalen Problemen mit Elektroschrott hat mir sehr gut gefallen. Für ein All-Age-Buch fehlt es mir allerdings an Logik, die durch magische Fähigkeiten und Wesen ja nicht außer Kraft gesetzt wird. So verhält sich Ayumi von der ersten Szene an nicht wie eine Blinde, sondern wie eine Sehende (die behauptet, blind zu sein) und David macht so gar keine Anstalten, ihr auf die Schliche zu kommen. Da Ayumi keine Mimik anderer sehen, sondern höchstens Gesten spüren kann, erscheint es mir völlig unlogisch, dass sie selbst nickt oder Gesten einsetzt, da sie die Reaktion des Gegenübers darauf nicht sehen kann. Die klischeehafte Darstellung des Glühbirnen-Unternehmers als eingebildetem Popstar fand ich für eine All-Age-Zielgruppe zu schwach. Wenig gefallen hat mir auch das vermittelte Frauenbild. Mädchen dürfen allein deshalb Magier werden, weil der Nachwuchs fehlt, nicht etwa, weil sie dafür talentiert sind? Wahrscheinlich versinkt die Welt von Krigk und R‘hee gerade wegen Einstellungen wie dieser in Dunkelheit … Ein gelungener Plot, der im letzten Drittel leider stark abfällt und den ich eher Lesern unter 15 empfehle. 3 1/2 Sterne

zurück nach oben