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marcello

Posted on 5.1.2021

Vor etwa einem Jahr bin ich in die Welt von „Shadowscent“ eingetaucht. Als ich nun den zweiten und gleichzeitig auch finalen Band entdeckte, kamen nur sehr vage Erinnerungen bei mir hoch, weswegen ich meine damalige Rezension herausgekramt habe, wodurch tatsächlich einiges vor meinigen Augen wieder entstanden ist. Mein schärfster Kritikpunkt war dort das mangelnde Worldbuilding und das habe ich zurecht kritisiert, denn es ist mir schwer gefallen, in den zweiten Band reinzufinden. Das mag zum einen auch an Luz‘ Perspektive liegen, die mir als Figur ohnehin nicht viel gibt, aber eben daran, dass sich mir die Welt schon im ersten Band nicht richtig erklärt hat. Warum sollte sie so also sofort präsent sein? Deswegen fand ich es wirklich schade, dass es keinerlei Form von Rückblick gab. Durch Lübbe bin ich im letzten Jahr mit der Sci-Fi-Reihe von Mari Grasshoff verwöhnt worden, wo in Band 2 und 3 jeweils eine kurze Zusammenfassung beinhaltet war, die wirklich großartig war und die ich mir als Standard bei Reihen wünschen würde. Aber nach den Anfangsschwierigkeiten hat sich das ungute Gefühl zum Glück gelegt, denn es wäre wirklich die Höchststrafe gewesen, gar nicht mehr reinzufinden. Aber mehr und mehr wurde mir einiges wieder präsent und ich habe mich einfinden können. Nichtsdestotrotz muss ich am Ende der Lektüre doch schmunzeln, weil die damaligen Kritikpunkte auch hiernach noch allesamt gelten. Das mit dem Worldbuilding relativiert sich natürlich, weil ich nun insgesamt zwei Bände in der Welt von „Shadowscent“ verbracht habe, da bleiben natürlich nicht mehr so viele Fragezeichen, wie es noch nach Band 1 der Fall war. Was aber definitiv wieder anzubringen ist, ist das Tempo der Erzählung. Schon der erste Teil kannte keine Pausen, das kennt der zweite im Grunde auch nicht. Es mag einzelne Sequenzen geben, die langatmig erscheinen, aber die Zeitabstände zwischen einzelnen Handlungen werden grundsätzlich pulverisiert. Strecken sind mal eben zurückzulegen. Da das aber stets konsequent gestaltet ist, kann ich damit leben. Freestone hält sich aber nicht nur nicht mit Logistik auf, sondern auch die Handlungen fallen weiterhin sehr gekürzt aus. Es entspricht tatsächlich eher meiner Vorliebe von Stilistik, aber selbst ich denke mir an einigen Stellen, „Wäre da nicht noch mehr möglich gewesen?“ Beispielhaft sucht Rakel in einer Höhle nach einer Waffe und wird von der Flut überrascht. Statt dort einen ewig währenden Überlebenskampf draus zu machen, wie ich es bei anderen Autoren zu 100% erwartet hätte, geschieht die Rettung hier sogar abseits der Buchseiten. Da hätte ich mir sogar etwas mehr gewünscht. Damit verbunden ist auch mein innerliches Rätsel, ob es richtig war, dass diese Reihe aus nur zwei Bänden besteht. Ich habe genug dreiteilige Reihen gelesen, die auch in zwei Teilen gut abgewickelt hätten werden können, daher kann ich den schmalen Grat. Aber „Shadowscent“ hat tatsächlich einiges offen gelassen, dass ich eigentlich normalerweise als Muss empfinde. Neben dem besseren Worldbuilding sind das auch die Antagonisten, die mehr Profil vertragen hätten. Bis zum bitteren Ende ist mir nicht klar, wer sie eigentlich waren und dementsprechend sind sie auch mal eben zu beseitigen. Freestone ist einfach keine Autorin, die offensichtlich den langen Weg gehen kann. Aber ich wusste, was ich in Band 2 bekomme, von daher kann ich das hier nicht mehr grundlegend kritisieren, denn sonst hätte ich meine Finger davon lassen sollen. Da ich mich trotzdem auf den zweiten Band eingelassen habe, resultiere ich nun, dass dieser mir insgesamt trotz der weiterhin vorhandenen Kritikpunkte besser gefallen hat. Die Welt war nach ersten Schwierigkeiten der Wiederorientierung definitiv vertrauter. Zudem ist mir dieses Erzähltempo dann doch lieber als ewiges Verlieren in Details. Und das wichtigste: es gibt ein Ende, mit dem ich wirklich leben kann. Es ist zwar durchaus offen und doch irgendwie abgeschlossen, zumindest in den Kernelementen, die mich als Leser am meisten begleitet haben. Da kann ich nicht meckern, da hat jeder das bekommen, was er verdient hat. Fazit: Die Welt von „Shadowscent“ wird vermutlich immer irgendwie sieben Siegel für mich haben, aber dennoch habe ich mich reinfuchsen können. Die Kritikpunkte vom ersten Band bleiben erhalten und dennoch relativiert sich das hier in der Gesamtschau, denn irgendwann zählt mehr der Inhalt als die Stilistik und in dem Sinne bringt der zweite Band alles sauber zu Ende. Daher empfinde ich ihn stärker als den Auftakt.

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