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Buchdoktor

Posted on 4.1.2021

Fünfzehn Jahre lang haben die beiden Wirtschaftswissenschaftler geforscht, welche Faktoren das wirtschaftliche Wachstum von Staaten vorantreiben und ob mit Kenntnis dieser Kriterien Wirtschaftswachstum gezielt unterstützt werden kann. Acemoglu und Robinson gehen dazu weit in die Geschichte zurück, um Umbruchphasen zu analysieren, in denen sich ähnliche Gesellschaften völlig unterschiedlich entwickelten. Als Beispiel dienen ihnen Aufstieg und Fall Roms und Venedigs, die Industrielle Revolution in England, der unterschiedliche Weg Nord- und Südkoreas, die Besiedlung von Nord- und Südamerika durch die jeweiligen Kolonialmächte aus völlig unterschiedlichen Motiven und schließlich die Frage, warum sich die wirtschaftliche und politische Entwicklung Botswanas von der anderer südafrikanischer Staaten unterscheidet. Drei Theorien warum Staaten verarmen werden überprüft und schließlich als alleinige Ursache ausgeschlossen – geographische Lage und Bodenbeschaffenheit, kulturelle und religiöse Ursachen, sowie die Selbstbedienungsmentalität korrupter Eliten. Nach Ausschluss dieser Hypothesen analysieren die Autoren die Geschichte zahlreicher Beispielstaaten. Wirtschaftlich erfolgreiche Staaten haben in Umbruchphasen wirkliche Reformen durchgeführt, anstatt nur einen herrschenden Clan durch einen anderen zu ersetzen. Gemeinsame Merkmale wirtschaftlicher Musterschüler sind nach Acemoglu/Robinson Reformen, pluralistische Staatsformen, die durch Gewaltenteilung und Rechtssicherheit für Ordnung und Sicherheit sorgen, sowie Leistungsanreize schaffen, indem sie für ihre Bürger Infrastruktur und wirtschaftliche Rahmenbedingungen bereitstellen. Wirtschaftlich erfolgreiche Staaten haben nicht die Bereicherung einzelner zum Ziel, sondern die Weiterentwicklung des gesamten Staates. Diese Merkmale werden am Beispiel diverser Länder aufgezeigt. Als Negativ-Beispiel eines Staates, der den Herrschenden Wohlstand und der arbeitenden Bevölkerung Armut bringt, werden die ehemaligen Zuckerrohr-Imperien genannt. Mit Sklavenarbeit auf Zuckerrohrplantagen wurde zwar Profit erzielt; Leistung und Innovationen lohnten sich jedoch nicht, wenn der Einzelne durch den Staat oder Grundbesitzer jederzeit ausgeplündert werden kann. Mit großem Interesse habe ich über die Entwicklung Botswanas gelesen, dessen damaliger König bereits im 19. Jahrhundert einen eigenen Weg einschlug, weil ihm das Wohlergehen des Staates wichtig war und nicht die persönliche Bereicherung. Auf der Basis der Stammesrechte wurden schon damals moderate Reformen eingeleitet, von denen das Land noch heute profitiert, indem Gewinne aus dem Diamantenverkauf dem Staat zugute kommen. Weiterer Grund für Botswanas heutige Musterrolle in Afrika (das Land erzielt im subsaharischen Afrika das höchste Pro-Kopf-Einkommen) ist die frühzeitige Entscheidung für nur zwei offizielle Landesssprachen, die die Einigung diverser Volksstämme zu einer Nation bewirkte. Warum Nationen in der Gegenwart scheitern belegen Acemoglu/Robinson u. a. am Extrembeispiel der heruntergewirtschafteten ehemaligen Kolonie Simbabwe. Eine koloniale Vergangenheit sehen die Autoren als Teufelskreis, aus dem speziell afrikanische Staaten sich nicht mehr lösen können. Skeptisch wird jeder Leser des Buchs die kommende wirtschaftliche Entwicklung Chinas sehen, das mit einer schwachen Justiz und daraus resultierender mangelnder Rechtssicherheit für den Einzelnen, fehlender Kontrolle des Staates durch eine freie Presse, sowie seiner engen Verknüpfung zwischen (korrupten) Parteikadern und Wirtschaft gleich mehrere der im Buch genannten Kriterien für das Scheitern einer Volkswirtschaft aufweist. Fazit Auch wenn die Autoren als Wirtschaftswissenschaftler eine teils trockene Sprache benutzen, habe ich das Buch wegen der vielen konkreten Beispiele mit Gewinn gelesen. Da ich stärker pädagogisch/sozial interessiert bin, fand ich die Konzentration auf die Historie etwas zu einseitig. Das Buch empfehle ich historisch und politisch interessierten Lesern, besonders denen, die dem „Lernen aus der Geschichte“ positiv gegenüber stehen.

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