Sarah Jørgensen
Der Roman "60 Kilo Sonnenschein" des isländischen Schriftstellers Hallgrímur Helgason aus dem Tropen Verlag, übersetzt von Karl-Ludwig Wetzig, hat mit seinen 570 Seiten mein Lesejahr 2021 eingeläutet. Helgason, der für seine skurrilen Alltagssatiren bekannt ist, hat ein historisch bedeutsames Werk über den Weg Islands von einem gesellschaftlich wie ökonomisch isolierten Land zu einem der modernsten der Welt geschrieben. Das Buch reist 100 Jahre zurück und wir treffen den unehelichen Bauernsohn Gestur, der am fiktiven isländischen Fjord Segulfjörður aufwächst, angelehnt an den realen Fjord Sigluförður. Wir begleiten Gestur, als die fremde Welt in Island Einzug erhält - mit Waren aber auch neuen Bräuchen, Lebensformen und fremden Gefühlen, die das kalte, verschneite Segulfjörður einnehmen. Der Historienroman überzeugt mit ausdruchsstarken Bildern über das Ausmaß der Folgen, wenn ein verschlafenes raues Land in kurzer Zeit zu wirtschaftlichem Glanz erblüht. Fliegende Forellen, humoristische Metaphern, ein liebenswerter Antiheld, bildhafte Wortzeichnungen und Helgasons ganz eigene Sprach- und Absurditätenkunst lassen einen durch die Seiten fliegen und in die Szenerie eintauchen.