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SternchenBlau

Posted on 3.1.2021

Kundige Führung durch den Kaninchenbau der Verschwörungsmythen Flache Erde, außerirdische Echsenwesen als Mächtige der Welt, QAnon – es ist ziemlich leicht sich über Verschwörungsmythen und ihre Anhängenden lustig zu machen. Ich muss gestehen, dass ich diesem „Phänomen“ meist auch nur mit bitterem Humor und Sarkasmus begegnen kann. Damit schieben wir aber die Probleme, die ganz real und ganz gefährlich aus solchen Verschwörungsmythen entstehen, von uns weg. Stattdessen sollten wir uns alle damit auseinandersetzen, darum kann ich dieses hervorragende Buch nur empfehlen. Erst recht, da durch Corona-Leugnung Verschwörungserzählungen befeuert wurden und werden. Katharina Nocun und Pia Lamberty schaffen dabei das Kunststück, dass sich „Fake Facts“ trotz dieses ernsten, bitteren Themas sehr angenehm und flüssig liest. Obwohl ich mich zunächst vor dem Buch gedrückt habe – ich hatte befürchtet, dass es meine Laune wegen des Themas sehr drücken wird – habe ich es recht flott gelesen. Schon nach wenigen Seiten hatte mich das Buch am Haken, am Haken mit einem stimmigen Einstieg, der Beispiele bringt und Problemfelder aufmacht. Dann: „Lassen Sie uns zunächst noch einmal einen Schritt zurückgehen und bei der zentralen Frage beginnen: Was genau ist eine Verschwörungserzählung?“ Nocun und Lamberty erklären und geben dem Lesenden einen Fahrplan durch die verschiedenen Bereiche der Verschwörungsmythen und -erzählungen und behandeln dabei Antisemitismus, Leugnung der Klimakrise, Angreifen der Medien, gegen Freimauern und Illuminaten, scheinbar witzige Aspekte wie flache Erde oder Echsenmenschen, rechtsextreme und faschistische, welche aus dem linken Spektrum… Viele dieser Verschwörungsmythen weisen Querverweise und unheilige Allianzen auf. Nocun und Lamberty verknüpfen sie bei ihrer Darstellung sehr gekonnt, ohne dass Redundanzen entstehen. Die beiden Autorinnen räumen zudem mit dem Mythos auf, dass Verschwörungsmythen erst durch die digitalen Medien entstanden wären: „Viele Fakes und Verschwörungserzählungen erreichen erst durch das Internet ein Millionenpublikum. Die Schuld für die Verbreitung allein den neuen Medien zuzuschieben wäre jedoch zu kurz gegriffen. Bereits im Jahr 1835 bescherte eine sechsteilige Serie über angebliche Entdeckungen von Leben auf dem Mond der New York The Sun eine Rekordauflage.12 Die ersten in großem Stil verbreiteten Spekulationen über eine Verschwörung rund um die Ermordung von John F. Kennedy wurden in namhaften europäischen Zeitungen abgedruckt. Trotzdem hat sich insbesondere durch das Aufkommen der großen Internetplattformen wie Google, YouTube und Facebook in den letzten Jahren einiges verändert.“ Im Buch werden auch psychologische Hintergründe behandelt, die erklären, warum Menschen ihr Heil in Verschwörungserzählungen suchen. Egal, wie absurd das zunächst erscheinen muss: „Beim Glauben an Verschwörungserzählungen handele es sich um ein kohärentes Weltbild – die Verschwörungsmentalität. Konkret heißt das: Wer an eine Verschwörungserzählung glaubt, stimmt auch meistens weiteren Erklärungen dieser Art zu. (…) Diese Annahme trifft sogar auf Verschwörungserzählungen zu, die sich gegenseitig logisch ausschließen. Ein Forschungsteam aus Großbritannien konnte 2012 zeigen: Wer glaubt, Prinzessin Diana sei vom britischen Geheimdienst umgebracht worden, geht paradoxerweise auch eher davon aus, dass sie noch lebt.“ Am Ende gibt es noch ein Kapitel, bei denen die Lesenden bei ihren Gesprächen mit Menschen umgehen können, die Verschwörungserzählungen aufgesessen sind. Einfach ist das nicht, aber es ist Teil einer wichtigen Zivilcourage. Fazit: Ausgezeichnet aufbereitet informieren die beiden Autorinnen über ein wichtiges Thema. Wir alle müssen uns mit „Verschwörungsmythen“ und ihren Anhänger:innen beschäftigen, weil hier Gefahren für unsere Demokratie und Gesellschaft lauern. Bitte unbedingt lesen! 5 von 5 Sternen.

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