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wandanoir

Posted on 29.12.2020

Energie. Egoismus. Erfolg. Helena Rubinstein (1870 bis 1965) gründete, aufgebaut auf ein paar aus der polnischen Heimat mitgebrachten Tigelchen Salbe ein Weltimperium. Rose und Sichtermann, die Autoren, zeichnen den Weg dieser außergewöhnlichen Frau aus dem 19. Jahrhundert mit für eine Biografie erstaunlich leichter Feder nach. Das Buch liest sich runter wie ein guter Roman. Sie müssen manchmal verkürzen, die Historie tritt ein wenig zu sehr in den Hintergrund, sie haben den Fokus fast ausschließlich auf den Werdegang gelegt. Dafür lernt man Helena so gut kennen wie es eben möglich ist, aus der Ferne. Sie muss eine energiegeladene Person gewesen sein und brauchte wenig Schlaf. Sie bricht aus den engen Verhältnisse aus, in denen sie geboren ist, verweigert die vorgesehene Ehe und wandert nach Australien aus. Dort arbeitet sie hart und erinnert sich an die Tigelchen, die sie mitgebracht hat. Schließlich baut sie quasi aus dem Nichts ihr Imperium aus, zuerst in Australien, dann in London, Paris, New York, überall. Sie ist nun steinreich. Helena Rubinstein ist spätestens im Alter eine Exzentrikerin. Erfolgsversessen ist sie, eine Workaholikerin, die von ihren Angestellten selbstlosen Einsatz verlangt und sie dafür schlecht bezahlt, sie setzt ein Leben lang neue Ideen um und ihr Ehrgeiz geht ins Unermessliche, ein wenig Größenwahn ist wohl mit dabei. Sie besitzt Familiensinn, besetzt Führungspostionen mit Familienmitgliedern und ist gleichzeitig eine gefürchtete, fordernde Despotin. Sie ist von Anfang an eine hervorragende Geschäftsfrau, knallhart und kann sich durchsetzen, sie ist verschwenderisch und gleichzeitig geizig, sie liebt es, Leute für sich springen zu lassen und hat Null Verständnis für die Bedürfnisse anderer. Sie kann immens großzügig sein, verliert dabei aber nie ihr Eigeninteresse aus den Augen. Sie liebt Kunst und verachtet die Künstler. Von Schriftstellern hält sie nichts und schläft selbst bei einer Lesung Hemingways ein. Sie kennt Gott und die Welt. Sie ist in der High Society zuhause. Und ißt immer noch gerne Kartoffelsuppe und Krakauer. Aber das Beste was man von ihr sagen kann, ist, dass sie im Verlauf des Zweiten Weltkriegs vielen Menschen das Leben rettet, indem sie Schiffspassagen bezahlt und bei Existenzgründungen hilft. Wenn sie sich auch sonst nicht für Politik interessiert und ihre Interessen sich nie weit von ihrem Imperium entfernen, so sieht sie doch an diesem wichtigen und entscheidenden Punkt der Weltgeschichte nicht weg. Deshalb kann man ihr Vieles verzeihen. Sie verhilft Dalí zu einem Neustart in der Neuen Welt Was man den Autoren von "Augen, die im Dunkeln leuchten", allenfalls ein wenig verübeln könnte, ist, dass sie sprachlich ständig zwischen Präsens und Imperfekt wechseln. Man hätte sich entscheiden müssen. Fazit: Die Autoren haben ihren Job im Großen und Ganzen großartig gemacht und eine Frau sehr plastisch porträtiert, die exzentrisch war, diszipliniert und tüchtig, in persönlicher Hinsicht jedoch eng gestrickt, hart und kleinlich. Das ist spannend in Szene gesetzt worden! Was jedoch zur Gänze fehlt, ist die Auseinandersetzung mit der Ethik, beziehungsweise deren Abwesenheit, in der Kosmetikbranche. Das Wort Tierversuche habe ich nicht ein einziges Mal gelesen. Nicht einmal eine Andeutung in diese Richtung gehend fiel. Dafür gibt es Punktabzug. Denn die Biografie einer Queen im Kosmetikbereich kommt nicht ohne eine solche Auseinandersetzung aus. Kategorie: Biografie Verlag: Kremayr & Scheriau, 2020

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