gletscherwoelfchen
Heiligendamm im Jahr 1912: Mit der Eröffnung des luxuriösen Palais Heligendamm nahe der Ostsee erhofft sich die Hoteliersfamilie Kuhlmann, prominente und adelige Gäste beherbergen und so dem renommierten Grand Hotel Konkurrenz machen zu können. Bereits früh müssen die Kuhlmanns lernen, zurückzustecken: Die Spitze der Gesellschaft verlässt sich auf alte Erfahrungen und Empfehlungen, im Zuge derer sie das Grand Hotel bevorzugen. Hinzu kommen ein alter Bekannter, welcher der Familie mit Freude Steine in den Weg zu legen scheint, sowie Juniorchef Paul, der musikalische Unterhaltung dem Hotel vorzieht. Glücklicherweise entpuppt sich Tochter Elisabeth als äußerst geschickt in den geschäftlichen Angelegenheiten des Palais - wenn doch bloß nicht die gesellschaftlichen Vorbehalte wären... Ich habe zu diesem historischen Roman gegriffen, da das Cover mich auf eine angenehme Geschichte mit einer starken Frau als Protagonistin hoffen ließ. Und ich wurde nicht enttäuscht! Bereits früh nimmt Elisabeth, die auf dem Cover alle Blicke auf sich zieht, einen bedeutsamen Platz im Buch ein. Innerhalb von 576 Seiten kann sich der Leser einen umfassenden Eindruck ihrer Persönlichkeit und ihres Charakters machen. Hautnah und über Jahre hinweg darf dieser miterleben, wie sich das Fräulein gegen veralteten Denkweisen durchsetzen muss, dabei Fehler macht, aber auch zahlreiche Erfolge erzielt. Abseits dieses Fokusses erhält man allerdings auch einige weitere Eindrücke aus den unterschiedlichsten Perspektiven. Dies hat mir an dem Auftakt dieser Saga besonders imponiert. Michaela Grünig schafft es, bewundernswert facettenreich unterschiedliche Einblicke in verschiedenste gesellschaftliche Positionen zu geben. Als Leser erhält man nach dem Lesen ein weitreichendes und vielschichtiges Bild der Lebensumstände im Zeitrahmen von 1912 bis zum Ende des ersten Weltkrieges - sowohl dem einfachen Zimmermädchen, als auch dem reichen Grafen oder Herzog wird ausreichend Spielraum beigemessen. Auf Grund dessen hat dieser Roman einen recht beachtlichen Umfang, was meiner Freude daran jedoch nicht geschadet hat. Jedes einzelne Kapitel endet mit einem spannenden und interessanten Cliffhanger, stets möchte man wissen, ob das Hotel der Kuhlmanns schwierige Zeiten übersteht und wie die Entwicklung der einzelnen Familienmitglieder von statten geht. Mir persönlich wurde es während des Lesens nie langweilig, auf langatmige Durststrecken wurde gänzlich verzichtet. Hinzu kommt die hervorragende Recherchearbeit der Autorin. Von einfachen Szenen im Speisesaal, die gesellschaftliche Verstrickungen der Zeit thematisieren, bis hin zur Atmosphäre in den Schützengräben des Weltkrieges war alles überaus stimmig und authentisch. Ich liebe diesen historischen Roman und fiebere jetzt schon dem zweiten Band entgegen. Selten habe ich eine solch stimmige Lektüre aus dem Genre lesen dürfen - absolute Leseempfehlung! 5/5 Sterne