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phantastische_fluchten

Posted on 27.12.2020

Das Schicksal meint es nicht gut mit Crayne von Dalahan. Er sitzt im Gefängnis, verfügt über keine Erinnerungen an sein bisheriges Leben, seine Taten oder seinen Namen. Dennoch akzeptiert er die ihm auferlegte Strafe und sieht die bevorstehende Enthauptung als Erlösung seines Leidens an. Aber statt zu sterben, ist er nun ein Untoter, der zwischen den Welten wandelt. Sein Kopf wird von einer Unbekannten entwendet. Eine alte Frau aus der Zwischenwelt gibt ihm den Hinweis, sich an die junge Adelige Amodela zu wenden, die durch einen Fluch mit ihm verbunden ist. Obwohl Amodela zuerst Furcht vor dem Enthaupteten empfindet, begleitet sie Crayne, denn eine Reise mit ihm ist immer noch dem tristen Leben bei Hofe vorzuziehen. Erste Hinweise auf seine Identität erhält Crayne von Brentan von Klien, dem Hauptmann der königlichen Garde. Zu den dreien gesellt sich noch Raccoun, eine zwielichtige, undurchschaubare Gestalt, der sich der kleinen Gruppe anschließt. Auf ihrer Reise in den Süden begegnen den vier Reisenden vielen Gefahren, oft müssen sie um ihr Leben kämpfen. Doch je weiter sie nach Süden vordringen, desto näher kommen sie der Lösung des Rätsels um Craynes Schicksal. Kommentar: Irgendwie gelingt es mir nicht, eine sinnvolle Zusammenfassung zu schreiben. Meine Worte werden der Geschichte nicht gerecht und ich möchte nicht zu viel verraten. Crayne erzählt seinen Part aus der Ich-Perspektive, wir erwachen mit ihm in der Zelle, desorientiert und ohne Erinnerungen. Die Perspektive schafft es, dass der Leser sich sehr gut in den Mann hineinversetzen kann, sein Leiden fühlt und seine Ängste teilt. Dadurch, dass der Autor dem Protagonisten den Namen Crayne gegeben hat, denkt man zuerst an Ichabod Crane aus Sleepy Hollow, damit enden die Gemeinsamkeiten aber auch. Stefan Goebels hat hier eine eigenständige, unheimlich fesselnde und faszinierende Geschichte geschrieben, die den Leser sofort in ihren Bann zieht. Man fragt sich von Anfang an, warum es gerade diesen Mann getroffen hat und wieso Amodela zu Craynes Stimme wird. Was verbindet diese unterschiedlichen Menschen, die aus völlig verschiedenen Welten stammen und sich vorher nicht kannten? Stück für Stück, aus wechselnder Perspektive, nähern sich die Protagonisten der Lösung. Doch der Weg dorthin ist voller Gefahren. Zu Beginn des Buches nutzt der Autor sehr viele, sehr anschauliche Metaphern. Hier ein paar Beispiele: " Draußen im Park wanden sich die Weiden in Wind und Regen, das Rippen ähnelnde Geäst gemartert und verdreht." Oder "Ihre Liebe zu ihm barg eine säuerliche Note, vergoren durch die Jahre, wie süße Früchte zu Wein." Ich könnte noch viele Beispiele anführen, sprachlich ist dieses Buch für mich ein kleines Juwel. Mit der Zeit lassen die Metaphern allerdings nach, als wäre der Autor von seiner eigenen Geschichte gefangen und mitgerissen (wie der Leser) um sich noch auf Abwege zu begeben. Die Geschichte steigert sich von Kapitel zu Kapitel und man kann das Buch kaum noch aus der Hand legen. Die Figuren sind gut ausgearbeitet, glaubhaft, überzeugend und teilweise sehr ambivalent. Das gilt vor allem für Brentan von Klien, der innerlich zerrissen ist und für Raccoun, der eigentlich keinen Grund weiß, bei den Gefährten zu bleiben, der sie aber nicht verlässt. Amodela hat bisher ein behütetes Leben geführt, dennoch fühlte sie sich stets einsam, verloren und unverstanden. Die Droge Mondhonig half ihr, das sinnlose und leere Leben zu ertragen, doch was sie während des Drogenrausches sieht, ist teilweise furchterregend. Zeitweise kann sie zwischen Realität und Traum kaum noch unterscheiden. Das Cover des Buches erinnert leider wieder zu sehr an sleepy hollow und wird daher eventuell einige potenzielle Leser abschrecken, was sehr schade wäre. Mir hat die Geschichte sehr gut gefallen, sie ist innovativ und abseits des Mainstreams. Der Autor geht keine Kompromisse ein und erzählt seine Story schnörkellos und direkt. Es ist eine Mischung aus Fantasy und Horror, in einem mittelalterlichen Ambiente.

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