Akantha
„Der englische Löwe“ ist der neuste Roman des Autors Mac P. Lorne, welcher sich durch „Der Herr der Bogenschützen“ und seine Robin-Hood-Reihe für mich zu einem Kennertipp für Fans Historischer Romane entwickelt hat. Dementsprechend gespannt war ich auf dieses neue Werk aus seiner Feder. Mit dem Titel bezeichnet der Autor wohl den berühmtesten „Löwen“ der englischen Monarchie: Richard I., auch bekannt als „Löwenherz“. Doch nur wenige Schriftsteller befassen sich mit dessen Leben nach dem berühmten Kreuzzug und auch nach seiner fast genauso berühmten Gefangenschaft unter Kaiser Heinrich VI. Mac P. Lorne schließt diese Lücke und berichtet von den erstaunlichen Gefechten zur Rückeroberung der englischen Gebiete auf dem französischen Festland, sowie der privat und politisch angespannten Frage nach Richards Erben. Die Ausstattung des Romans muss man einfach lieben und loben! Er hat ALLES! Stammtafel, Karte, Personenregister, Glossar, Zeittafel, Bibliografie und historische Anmerkungen – hier fehlt es an nichts. So kann man einen historischen Roman richtig genießen und ganz tief eintauchen. Da schlägt mein Herz höher. Gelungen finde ich die Erzählperspektive. Man begleitet grundsätzlich eine Person, meistens Richard, aber es werden zwischendurch trotzdem einzelne Sätze aus den Köpfen anderer Charaktere eingebracht. Das war zuerst gewöhnungsbedürftig, dann aber sehr aufschlussreich. Wenn man einen Film guckt, verrät die Mimik und Gestik der Menschen häufig auch, was sie denken, und jetzt beim Lesen kriegen wir die gleichen, kurze Einblicke in ihre Gedanken durch eben diese Sätze. Der Anfang war für mich etwas holprig und ich habe ein paar Seiten gebraucht, um in die Geschichte reinzukommen. Aber spätestens bei den Szenen rund um Märsche, Taktiken und Gefechte war ich richtig angekommen und habe mitgefiebert. Diese sind eindrucksvoll beschrieben, sodass es mich einfach mitgerissen hat - ein Auf und Ab der Gefühle. Mit Richard habe ich mich über seine Triumphe gefreut und seine Niederlagen geärgert. Es gab aber auch Abschnitte, die Richard als Familienmensch gezeigt haben. Vor allem hier hat man eine Seite an ihm gesehen, die in vielen anderen Romanen so nicht gezeigt wird. Dabei ist es mir jedoch auch wichtig, dass der Fokus nicht zu stark auf diesen privaten Verflechtungen, Gefühlen und Schicksalen liegt. Die Balance konnte Lorne hier sehr gut halten. Zusammenfassend komme ich zu 4 von 5 Sternen. Ich finde es immer wieder schön, wenn ich bei historischen Romanen den Ereignissen entgegenfiebere, bange und es sich einfach spannend anfühlt, obwohl ich genau weiß, was passieren wird. Lorne ist es nicht nur gelungen, die in der historischen Unterhaltungsliteratur etwas vernachlässigten späten Jahre von Richard lebendig werden zu lassen, er zeigt auch ein gutes Gespür dafür, ihn in all seinen Facetten zu zeigen: zielstrebiger Anführer, rastloser Kämpfer, rücksichtsvoller Ehemann, besorgter König.