ankasgeblubber
Als großer "Naschmarkt"-Fan der ersten Stunde, fieberte ich eine gefühlte Ewigkeiten dem neuen Roman aus der Feder der Wiener Autorin Anna Koschka entgegen. "Naschmarkt" war für mich im Herbst 2012 ein absolutes Lesehighlight. Nicht nur die freche, spannende, lustige und schöne Geschichte konnte mich begeistern, sondern auch die pfiffigen, intelligenten Dialoge und die authentischen Protagonisten - allen voran natürlich Dotti Wilcek. Als ich "Mohnschnecke" nun in der Hand hielt und die erste Seite aufschlug, fühlte es sich nicht so an, als würde ich ein Buch lesen, sondern als besuche ich liebe Freunde in Wien. Das Wiedersehen mit Dotti und ihren Freunden war sehr herzlich und ich fühlte mich direkt wieder aufgehoben und willkommen. Trotzdem fiel mir sehr bald auf, dass Dotti anders war, als ich sie in Erinnerung hatte. Sie wirkte traurig und lustlos - kein Wunder! - schließlich war sie seit wenigen Tagen wieder Single und hatte zu allem Überfluss nicht nur ihren Freund, sondern auch ihre Leselust verloren. Literaturredakteurin Dotti ohne ihre geliebten Bücher? Das ist so, als würde Udo Lindenberg seinen Hut ablegen oder Sherlock Holmes ohne Dr. Watson ermitteln. Doch Dotti hat nicht nur ein prall gefülltes Bücherregal, sie hat auch wunderbare Freunde, die ihr nicht viel Zeit für Liebeskummer lassen und eine Mauerblümchentherapie für sie entwickeln. Es wird geflirtet und gedatet - erfolglos. Erst ein geheimnisvolles, handgeschriebenes Rezeptbuch bringt Dotti auf andere Gedanken und schickt sie auf eine Reise, die sie zu ihrem persönlichen Happy End führen soll... Der Elan, mit dem ich ins Buch startete, ebbte nach den ersten Seiten etwas ab, obwohl ich nicht lang auf die heiß ersehnten spritzigen Dialoge warten musste. Ungewohnt war für mich, dass ich keine "Energie- und Scharfzüngigkeitslevel 100% aufgetankt"- Dotti erlebte, sondern viel mehr ihre Freunde die Wortführer waren. Lorenz, Stella, Miki, Sun und Co. versuchen ihr Bestes, um Dotti aus ihrem Loch zu befreien. Nicht nur Ober-Nerd Lorenz, auch die süße "das ist so zwanzigstes Jahrhundert"- Sun entlockten mir die ersten zarten Schmunzeler und ich konnte mich beruhigt in die Geschichte fallen lassen. Wie schon in "Naschmarkt" spielen Bücher auch in "Mohnschnecke" wieder eine große Rolle. Es gibt jede Menge Anspielungen auf bekannte Romanfiguren und Ereignisse aus unserer geliebten Bücher-Community, so dass sich Leseratten und Bücherwürmer nicht nur wohl-, sondern auch direkt angesprochen fühlen können. Anders als in "Naschmarkt" geht es dieses Mal jedoch um ein ganz bestimmtes Buch, nämlich ein geheimnisvolles, handgeschriebenes Rezeptbuch, das Dotti in die Hände fällt. Diese besonderen Rezepte finden sich auch im Roman wieder und laden zum "nachbacken" ein. Was genau es mit den sieben Rezepten auf sich hat, verrate ich an dieser Stelle nicht. Ich muss gestehen, dass ich selbst die Rezepte beim Lesen der Geschichte übersprungen habe, weil sie mich im Lesefluss etwas gestört haben. Erst am Ende habe ich sie mir in Ruhe angeschaut und mir gewünscht, über Nacht wenigstens ein kleines Talent fürs Backen zu entwickeln, denn wer möchte nicht gern am "Sehnsuchtsschmarrn" naschen oder das Rezept für ein "Happy End" ausprobieren? Eine schöne Idee! Ebenso toll und außergewöhnlich empfand ich erneut den ständigen Bezug zu den modernen Social Media Plattformen wie Facebook, Twitter und Instagram. Hierzu sei verraten, dass es sich lohnt, die erwähnten Websites und Profile auch mal im "Real Life" aufzusuchen! Für mich wurden die Personen und Ereignisse dank echter Fotos und Facebook-Chats noch nahbarer, noch authentischer. Schlussendlich fällt mein Fazit nicht ganz so begeistert aus wie bei "Naschmarkt". Anna Koschka hat zwar wieder eine interessante Geschichte erzählt, mit der sie mich aber nicht zu 100% abholen konnte. Mir fehlten ein Stück weit der Pepp (vielleicht hätte ein kleiner Spritzer Zitrone geholfen?) aber auch die in "Naschmarkt" so exzessiv zelebrierte Bücherleidenschaft... Die Reise nach Prag war zwar eine tolle Abwechslung, trotzdem zog sie sich stellenweise ein bisschen. Das Ende wiederum empfand ich als zuckertortensüß. "Mohnschnecke" ist ein tolles, luftig-leichtes und empfehlenswertes Buch, ich habe es wirklich sehr gern gelesen und liebe liebe liebe die Figuren und Anna Koschkas intelligenten Humor. Trotzdem liegt es nahe, "Mohnschnecke" mit ihrer großen Schwester "Naschmarkt" zu vergleichen und an diese besondere Atmosphäre kommt so schnell kein anderes Buch heran! Am Ende sei noch gesagt, dass man "Naschmarkt" nicht unbedingt vorher gelesen haben muss, um in die Geschichte von "Mohnschnecke" eintauchen zu können. Allerdings finde ich persönlich es definitiv schöner und leichter, die Charaktere, die Wiener Atmosphäre und natürlich die Vorgeschichte schon zu kennen.