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ankasgeblubber

Posted on 26.12.2020

Für Poetry Slam Fans ist Theresa Sperling keine Unbekannte. Mit ihren selbstgeschriebenen aktuellen Texten hat sie schon manche Bühne und manches Herz erobert. Im September 2016 ist nun ihr erster Jugendroman im Lektora Verlag erschienen und über diesen möchte ich euch heute ein bisschen mehr erzählen. In "Mittelmeersplitter" geht es um die 16-jährige Annika und den gleichaltrigen Levian. Letzterer kommt neu in Annikas Klasse und bringt jede Menge Gerüchte und Geheimnisse mit. Es heißt, dass seine Mutter und sein Bruder ums Leben gekommen sind, auch von Selbstmord wird gesprochen. Da Levian selbst aber mit niemandem spricht, bleibt es bei den Gerüchten und "der Neue" wird kurzerhand als Psychopath abgestempelt. Annika ist von Anfang an fasziniert von dem geheimnisvollen Neuen. Während sich alle anderen abwenden, versucht sie zu ihm durchzudringen. Sie wünscht sich so sehr, dass Levian ihr einmal in die Augen schaut, sie ansieht und sie dann vielleicht verstehen kann, was ihn bewegt und warum er sich so verschließt. Tatsächlich kommen sich die zwei Teenager näher. Was verbirgt sich hinter Levians Maske und warum hat Annika diesen unbändigen Drang, Levian nah zu sein? Keine Sorge, wir haben es hier nicht mit einer typischen "Bad Boy meets Good Girl"- Geschichte zu tun und Levian ist auch kein glitzernder Vampir oder düsterer Gestaltenwandler. Theresa Sperling erzählt in "Mittelmeersplitter" eine Geschichte, die aus dem Alltag gegriffen scheint. Genau wie ihre Protagonistin Annika schaut sie jedoch genauer hin, öffnet Türen und durchleuchtet ihre Figuren. Was ist mit Levian passiert? Was hat ihn dazu veranlasst eine Abwehrhaltung einzunehmen und warum ist er im nächsten Moment so jähzornig? Annika tut alles, um hinter Levians Fassade zu blicken und steigert sich richtig in ihr Vorhaben hinein. Warum sie das tut, das habe ich erst später verstanden, denn Levian ist nicht der Einzige, der etwas zu verbergen hat. "Mittelmeersplitter" war für mich ein Buch mit Höhen und Tiefen. Zeitweise konnte ich richtig zwischen den Seiten versinken und mich von Theresa Sperlings schöner, melancholischer und doch moderner Art zu schreiben einlullen lassen. Dann gab es wieder Phasen, in denen mir die Geschichte etwas zu abgedroschen wurde und auch der Schreibstil veränderte sich. Der feine Sandstrand, an dem ich durch die Geschichte spaziert bin, wurde somit stellenweise etwas steinig. In manchen Passagen haben mich schließlich sogar Formulierungen gestört, obwohl ich den Schreibstil der Autorin einige Seiten zuvor noch sehr genossen habe. Die Wendung brachte dann das letzte Viertel des Buches mit sich, als nämlich eine weitere Fassade zu bröckeln beginnt. Hier wurde es für mich wieder interessanter, genau darauf hatte ich gewartet. Die Autorin hat während ihrer Geschichte darauf geachtet, dass ihre Leser den beängstigenden Prolog, mit dem "Mittelmeersplitter" beginnt, nicht vergessen. So kommt es also, dass wir schließlich mit Annika und Levian abtauchen und die Geschichte eine dramatische Entwicklung nimmt. Dieser Aufbau und das stete, unterschwellige Brodeln haben mir sehr gefallen. Alles in allem habe ich dieses Debüt gern und sehr neugierig gelesen. Ich bin zwar nicht mit allem einverstanden (das Erste Mal als Druckmittel einzusetzen, auch wenn es schlussendlich aufgeklärt wird, hat mir nicht gefallen) und hätte mir auch mehr "Poetry Slam"- Spirit gewünscht, trotzdem sehe ich ganz klar das Potenzial dieser Geschichte. Noch mehr Tiefe und noch mehr Annika hätten ihr, meiner Meinung nach, sehr gut getan, dafür hätte ich auch gern auf das laute Drumherum und den Wechsel in das italienische Setting verzichtet. Ein Roman über die erste große Liebe, über Vertrauen und übers Loslassen.

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