ankasgeblubber
Auf der Leipziger Buchmesse 2012 stellte Renate Kaiser ihr neues Jugendbuch "Miri maßgeschneidert - Cosplay, Jeans und Rüschenträume" erstmals in einer Lesung vor. Ich war gespannt, denn das Thema, das in diesem Buch genauer betrachtet wird, ist absolutes Neuland für mich. Mit Mangas, Animes und Co. hatte ich mich bisher gar nicht beschäftigt. Auf der Frankfurter Buchmesse und zuletzt auf der Leipziger, waren mir die bunten Cosplayer mit ihren kreativen und teils sehr sehr aufwendigen Kostümen natürlich aufgefallen, deshalb freute ich mich nun darauf, mehr über dieses außergewöhnliche Hobby zu erfahren. Die Hauptprotagonistin Miri ist 15, fast 16 Jahre alt und seit kurzer Zeit in die Welt der Cosplayer eingetaucht. Zusammen mit ihrer älteren Freundin Svenja, bereitet sie sich auf eine große Convention vor. Jeder Cosplayer braucht natürlich ein tolles Kostüm. So entscheidet sich Miri für eine sehr aufwendige Verkleidung. Cosplayer gehen jedoch nicht in den nächst besten Karnevalsladen, um sich ihre Kostüme auszusuchen, nein, sie schneidern sie selbst. In ihrer Nachbarin und "Ersatzoma" Omi Weiherfeld, findet Miri schnell Unterstützung und zusammen nähen sie ihr erstes Cos. Das junge Teenager-Mädchen stammt aus einem sehr strengen Elternhaus. Deshalb hält sie ihr neues Hobby geheim, da sie weiß, dass ihre Eltern alles andere als begeistert wären. Sie machen sich über die verkleideten Jugendlichen lustig. Für sie zählen gute Noten und Markenklamotten. Deshalb gibt es innerhalb der Familie immer wieder Probleme. Fast täglich muss sich Miri rechtfertigen, warum sie ihre Zeit lieber mit Omi Weiherfeld oder ihrer älteren Freundin Svenja verbringt, als mit ihren Mitschülern. Um diese schwierige Familie beneidet sie wohl keiner. Beim Lesen war ich immer wieder froh, in einer so liebevollen Familie aufgewachsen zu sein. Während Miri sich intensiv mit der Planung ihres Cosplays und dem Austausch mit anderen Cosplayern über ein spezielles Internetforum beschäftigt, leiden ihre Schulnoten unter der Vernachlässigung. Sie schreibt ihre erste 6, was natürlich ein riesiges Donnerwetter zu Hause zur Folge hat. Knallhart drohen ihre Eltern ihr damit, sie in ein Internat abzuschieben, sollten ihre Noten nicht besser werden. Eine Eskalation ist vorprogrammiert. Svenjas Familie ist das genaue Gegenteil von Miris Elternhaus. Svenjas alleinerziehende Mutter ist hellauf begeistert vom Hobby ihrer Tochter und unterstützt sie, wo immer sie kann. Vielleicht ein bisschen too much... "total peinlich", findet Svenja. Miri ist jedoch nicht auf den Mund gefallen, lässt sich von ihren strengen Eltern nichts sagen und feuert ihnen schon auch mal die ein oder andere Beschimpfung entgegen. In diesem Sinne ein "normaler", rebellierender Teenager, mit dem sich sicher viele junge Mädchen identifizieren können. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, Miris Fortschritte bezüglich des selbst genähten Cos zu begleiten. Das Verhältnis, das sie zu ihrer alten Nachbarin pflegt, hat mich gerührt. Beide genießen ihre gemeinsamen Stunden. Miri fühlt sich das erste Mal verstanden und akzeptiert und auch Omi Weiherfeld blüht beim Nähen richtig auf. Endlich wird sie wieder gebraucht und kann sich nützlich machen. Auch bei Miris familiären Problemen steht ihr die alte Dame zur Seite und macht ihr Mut. Was die zwei Freundinnen auf der Convention erleben, ob Miris Cosplay rechtzeitig fertig wird und ob es ihr gelingt, dieses große Event ihren Eltern zu verschweigen, das verrate ich natürlich nicht. Ich fand es toll, in diese neue Welt einzutauchen. Die Beschreibungen der aufwendigen Kostüme aber auch die der fröhlichen Community, haben mir sehr gefallen. Die Cosplayer scheinen ein nettes und offenen Völkchen zu sein, das leider sehr unter Vorurteilen und Ignoranz zu leiden hat. Schade, denn - wie Miri es so schön sagt - ist es nicht toll, wenn sich Jugendliche mit dem Nähen von Kostümen beschäftigen und sich nicht jedes Wochenende die Birne mit Alkohol und Drogen zudröhnen? Renate Kaiser schreibt sehr flüssig und frisch. Die moderne Jugendsprache war passend und ließ die Charaktere noch echter wirken. Anfangs haben mich Zeichen wie :) oder ^^ etwas gestört, doch schnell wurden auch diese einfach mitgelesen. Sie passten schließlich zu den SMS oder den Chats. Die Illustratorin Martina Peters, die übrigens zusammen mit Renate Kaiser auf der Leipziger Buchmesse gelesen hat, steuert Manga-typische Illustrationen bei. Da ich, wie gesagt, keinen Bezug zu diesen Zeichnungen habe, waren sie für mich eher nebensächlich, haben dem Buch aber noch eine besondere Note gegeben. Ein tolles und frisches Buch, das meine Erwartungen voll und ganz erfüllt hat. Es ist der erste deutsche Jugendroman, der sich dem Thema Cosplay annimmt und ich bin der Meinung, dass es der Autorin sehr gut gelungen ist, die Atmosphäre und das "Feeling" innerhalb der Community authentisch zu transportieren. Ich bin froh, dass ich mich auf diese neue Erfahrung eingelassen habe und lege die "Nippon Novel" jedem ans Herz, der entweder bereits Erfahrungen in der Cosplay-Szene gesammelt hat, oder offen für etwas Neues ist.