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ankasgeblubber

Posted on 26.12.2020

Auf den ersten Blick ist das knallrote Cover recht auffällig, wirkt auf mich aber nicht gerade einladend. Doch wenn man das Buch erstmal aufgeschlagen und die ersten Seiten gelesen hat, will man es gar nicht mehr aus der Hand legen und ist schnell mitten drin in einer spannenden Geschichte. Was ist wahr? Was ist Halluzination? Was tust du, wenn dir niemand glaubt und dich jeder als "verrückt" abstempelt? Fängst du dann nicht auch an, an dir selbst zu zweifeln...? Traue niemandem - nicht einmal dir selbst! Wulf Dorn ist bekannt für seine Psychospielchen, die er während des Lesens nicht nur mit seinen Protagonisten, sondern auch mit seinen Lesern treibt. Auch in "Mein Böses Herz" packt er seine Leser auf ein Neues, entführt sie in ein spannendes Verwirrspiel von Realität und Halluzination und lässt sie in die tiefen und bösen Abgründe der menschlichen Seele blicken. Nach dem Tod ihres kleinen Bruders, ändert sich für die junge Doro schlagartig alles. Sie leidet an Halluzinationen, muss psychologisch betreut werden und dabei zusehen, wie sich ihre Eltern trennen. 14 Monate sind seit dem grausamen Morgen vergangen, als Doro ihren toten Bruder in seinem Babybettchen vorgefunden hat. Endlich scheint sie wieder stabil zu sein und kann, zusammen mit ihrer Mutter, ein neues Leben beginnen. Sie ziehen von der Kleinstadt Fahlenberg in ein kleines Häuschen aufs Land. Vorsichtig nähern sich Mutter und Tochter wieder an. Alles scheint wieder gut zu werden, Doro lässt sich weiterhin psychologisch betreuen und geht zusammen mit ihrem Nachbarn und Psychotherapeuten Herrn Nord auf Spurensuche. Warum fühlt sie sich schuldig am Tod ihres Bruders? Warum verfolgt er sie noch immer und taucht plötzlich neben ihr auf? Das junge Mädchen gibt sich Mühe, sich in ihrer neuen Umgebung einzuleben und macht schnell Bekanntschaft mit Julian, einem sympathischen Jungen in ihrem Alter, der mehr in ihr zu sehen scheint. Als sie jedoch eines Nachts in ihrer Gartenhütte einen verzweifelten, verletzten und verstörten Jungen entdeckt, der sie um Hilfe bittet, scheint das ganze Drama wieder von vorne loszugehen. Niemand glaubt ihr, denn als der alarmierte Krankenwagen und die Polizei eintreffen, ist der hilflose Junge spurlos verschwunden... Wulf Dorn erzählt die Geschichte aus Doros Perspektive. So kann man sich schnell in das junge Mädchen einfühlen, einen Blick in ihr Innerstes werfen und Sympathien zu ihr aufbauen. Viel musste sie verkraften und auch über ein Jahr nach dem Tod ihres Bruders, hat sie noch mit Halluzinationen zu kämpfen. Trotzdem wirkt sie einigermaßen stabil und kann ihrem neuen Leben entgegen blicken. Mit tollen sommerlichen Bildern konnte der Autor das Gefühl eines positiven Neuanfangs in meiner Empfindung verstärken, auch wenn diese Bilder immer wieder einen kleinen Knick bekommen. Etwas, das nicht ganz zu der ländlichen Ruhe und Idylle passen will, wie der ausgebrannte Wagen in der Mittagssonne oder auch die unbequemen Klappstühle im sonst sehr gemütlich wirkenden Haus, ließen mich bereits am Anfang ahnen, dass diese oberflächliche Harmonie nicht lange vorhalten wird. Die Charaktere des Buches, allen Voran natürlich Doro, aber auch ihre besorgte und verzweifelte Mutter, der süße und nette Nachbarsjunge Julian, der hilfsbereite und bemühte Psychotherapeut oder David (zu dem das Sprichwort "harte Schale, weicher Kern" wie die Faust aufs Auge passt), haben es mir leicht gemacht, mich in die Geschichte einzufinden. Ich war stets die stille Beobachterin an Doros Seite und hätte sie gern mal in den Arm genommen, als selbst ihre eigene Mutter ihr nicht mehr glaubt. Doch immer wieder ertappte auch ich mich dabei, an den Geschehnissen zu zweifeln. Kann ich Doro wirklich trauen? Kann sie sich selbst trauen? War der Junge wirklich da, oder war es bloß eine von Doros Halluzinationen? Lange Zeit lässt Wulf Dorn seine Leser im Dunkeln tappen und verwirrt sie immer mehr, bis sie am Ende selbst nicht mehr zwischen Realität und Wahnsinn unterscheiden können. In einem guten Jugendbuch (mag es auch noch so spannend sein), darf die kleine Liebesgeschichte natürlich nicht ausbleiben. Wulf Dorn scheint in die Seele seiner Leserinnen hineinblicken zu können, denn mit Julian schreibt er Doro einen Freund an die Seite, der auf sie einerseits geheimnisvoll und verletzlich, andererseits aber auch sympathisch und anziehend wirkt. Wer Wulf Dorns Bücher kennt, der kannte sich bereits vor dem Lesen von "Mein böses Herz" in Ulfingen, Doros neuer Heimat aus. Ulfingen und Fahlenberg sind zwei imaginäre Orte, die der Autor eigens für seine Geschichten erschaffen hat. So fühlte auch ich mich sofort vertraut und hatte das Gefühl, selbst schon einmal vor Doros Haus gestanden zu haben. Tatsächlich tauchen (wenn auch nur nebensächlich) Figuren aus Dorns vorherigen Geschichten auf. So viel sei verraten, es gibt ein kurzes Wiedersehen mit Jan Forstner (Protagonist aus "Kalte Stille" und "Dunkler Wahn") und Schwester Marion. Wie gewohnt, schafft der Autor es auch hier wieder, mich mit seinem angenehmen, bildlichen aber auch sehr fesselnden Schreibstil an sein Buch zu binden. Zum Glück hatte ich die Möglichkeit, es während einer langen Zugfahrt am Stück zu lesen und musste es nur kurz, zum Vorzeigen meiner Fahrkarte, aus der Hand legen. Zum Ende hin nimmt die Spannung natürlich noch mal zu. Hier hatte ich kurzzeitig das Gefühl, ein paar Seiten übersprungen zu haben, denn Doro konnte plötzlich, wie aus dem Nichts, das Puzzle zusammenfügen und eine Lösung präsentieren. Ob diese Lösung nun die richtige ist, müsst ihr selbst herausfinden. Wulf Dorn wäre nicht Wulf Dorn, wenn er nicht noch ein Ass im Ärmel hätte. Trotzdem habe ich mich kurzzeitig etwas überrumpelt gefühlt, weil ich die Schlussfolgerung nicht nachvollziehen konnte. Die letzten Seiten haben mir noch mal das Blut in den Adern gefrieren lassen. Mittlerweile weiß ich ja, das Wulf Dorn eine ganz besondere Beziehung zu dunklen Kellern hat... Aber auch eine harte Szene danach ließ mich die Luft anhalten. So hatte ich das Ende ganz und gar nicht erwartet, schon gar nicht in einem Jugendbuch. "Das Böse lebt nicht in der Welt der Dinge. Es lebt allein im Menschen." Chinesische Weisheit In jedem Menschen schlummert ein böses Herz, das weiß ich nun. Auch das Cover und dessen Farbgebung verstehe ich nun, nach dem Lesen, viel besser. "Mein Böses Herz" ist ein weiterer spannungsgeladener Roman aus Wulf Dorns Feder, der in keinem Bücherregal fehlen sollte. Obwohl er für jüngere Leser (ab 14 Jahren) geschrieben ist, tut es der Spannung und dem Gruselfaktor keinen Abbruch!

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