ankasgeblubber
Schon Monate vor dem Erscheinen in Deutschland, war dieses Buch ein heiß diskutiertes Gesprächsthema. Dann tauchte der Buchtrailer auf und es gab einen wahren Begeisterungsaufschrei in der Buchblogger-Szene. Auf zahlreichen Blogs fand man nun ein Countdown-Widget, das die Tage und Stunden bis zur Veröffentlichung in Deutschland zählte. Meine Güte, was für ein Hype! Doch was ist dran an den Lobeshymnen, die aus Amerika zu uns hinüberschwappen? Warum feiert dieses Buch so große Erfolge, dass sogar die Filmrechte im Nu verkauft waren? Ist dieser Hype um die neue dystopische Trilogie "LEGEND" berechtigt? Dieser Frage wollte ich auf den Grund gehen und stürzte mich, an der Seite der zwei Protagonisten Day und June, in ein spannendes, düsteres und erschreckendes Abenteuer... Das schlicht-schöne weiße Cover mit der glänzenden weißen Schrift sieht edel aus, rein, harmlos und unberührt. Was jedoch zwischen den zwei Buchdeckeln zu finden ist, hat mit keinem dieser Adjektive etwas zu tun. Ginge es nach dem Inhalt, müsste das Cover schwarz wie die Nacht sein, eine rauhe Oberfläche besitzen und beim Aufschlagen beginnen zu bluten. Die Geschichte der jungen June (sie ist gerade mal 15 Jahre alt - überraschend jung für die typische Heldin einer Dystopie) spielt in der Zukunft. Alle Jugendlichen müssen einen Test absolvieren, der über ihr weiteres Leben entscheidet. In welcher Position würden sie der Republik dienen? Oder würden sie zu denjenigen gehören, die in ominöse Arbeitslager abgeschoben und niemals mehr lebend gesehen werden? June muss sich darüber keine Gedanken mehr machen. Ihre Zukunft sieht rosig aus, denn sie ist die Erste und Einzige, die den Test mit voller Punktzahl bestanden hat -das Wunderkind der Republik! Doch von einem auf den anderen Tag ändert sich alles - ihr Bruder wird ermordet, ausgerechnet vom meist gesuchten Verbrecher weit und breit. Day - "Gesucht wegen Körperverletzung, Brandstiftung, Diebstahls, Beschädigung staatlichen Eigentums und Behinderung militärischer Einsätze" S. 10 So steht es auf den großen Monitoren. June, die bereits ihre Eltern verloren hat, schwört Rache und tut alles, was in ihrer Macht steht, um Day ausfindig zu machen und der Republik auszuliefern. Doch was passiert, wenn plötzlich alles ganz anders kommt? Was passiert, wenn Day June das Leben rettet? Was passiert, wenn June feststellen muss, dass sie und Day sich gar nicht so unähnlich sind? "Legend" verspricht eine legendäre Liebesgeschichte, die zwar großen Raum einnimmt, die eigentliche Handlung aber nicht in den Schatten stellt. Da diese Geschichte auf knapp 370 Seiten erzählt wird, bleibt nicht viel Zeit für die Entwicklung der Gefühle zwischen dem Rebellen Day und der Soldatin June, was mich ein bisschen enttäuscht hat. Die Grundlagen sind da und auch das Drum Herum stimmt. So viele Emotionen kochen hoch, bedingt durch den Tod von Junes Bruder, aber auch durch Days Familiengeheimnisse. Hier waren die aufbrausenden Gefühle, die Angst, die Trauer und die unbändige Wut für mich deutlich spürbar, ging es dann um die Annäherung zwischen Day und June, blieb das Kribbeln für mich aus. "Ich bin so wütend auf mich selbst, dass es mir nicht gelingt, das Zittern aus meiner Stimme zu vertreiben. Ich habe mir den Kopf ausgerechnet von dem Menschen verdrehen lassen, den ich nie, niemals hatte mögen wollen. Nach dem ich mich niemals hatte sehnen wollen." S. 172 Trotzdem haben mir die zwei Charaktere einzelnd sehr sehr gut gefallen. Beide haben mit ihren 15 Jahren schon viel erlebt. Beide besitzen eine unheimliche Stärke. Beide sind clever, mutig, tiefgründig und eben richtige Charaktere, mit Ecken und Kanten, mit Narben und Blessuren. Aufgrund der abwechselnden Erzählperspektive (mal aus Junes, mal aus Days Sicht), fiel es mir leicht, die zwei Protagonisten kennen und verstehen zu lernen. Auch die Nebencharaktere haben mir gut gefallen, angefangen bei der jungen, tapferen Tess oder dem skrupellosen Soldaten Thomas bis hin zu Commander Jameson, die mächtige Frau, die über Leichen geht. Alle zusammen machen die Geschichte zu einem runden Ganzen. "Legend (1) Fallender Himmel" ist ein Jugendbuch und wird ab 14 Jahren empfohlen. Aus bisherigen Dystopien ist mir die physische und psychische Gewalt, der die Protagonisten immer wieder ausgesetzt sind, natürlich bewusst. Was Day und June aber hier miterleben müssen, hat mich dann doch ziemlich erschreckt und mich regelrecht erschüttert. Nach einer ganz besonders harten und grauenvollen Szene (mit der ich überhaupt nicht gerechnet hatte), musste ich das Buch erstmal zuschlagen und tief durchatmen. "Hat er wirklich...? Nein, das hat er nicht getan..! Das kann nicht wirklich passiert sein..?!" Ich war fassungslos. Wenig später folgte eine weitere Szene, die mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Wieder schlug ich das Buch zu, konnte nicht glauben, was ich gerade gelesen hatte. Ja, "Fallender Himmel" hat mich gefesselt, erschüttert und sprachlos zurück gelassen. Einzelne Abschnitte haben mich auch nach dem Lesen noch lange beschäftigt und verfolgt. Hier stellte sich mir am Ende die Frage, ob das empfohlene Lesealter nicht etwas zu niedrig angepeilt wurde, wenn selbst eine passionierte Thrillerleserin mächtige Bauchschmerzen bekommt. "Fallender Himmel" ist ein gelungener Trilogie-Auftakt, dem ich liebend gern ein paar Seiten mehr zugesprochen hätte. Glücklicherweise endet er nicht mit einem fiesen Cliffhanger, was das Warten auf Band 2 nicht völlig unerträglich macht. Ich bin gespannt, wie es mit Day und June weiter geht und wünsche mir für den Folgeband mehr spürbare Gefühle zwischen den zwei Protagonisten! Ob der Hype um diese neue Dystopie nun gerechtfertig ist, weiß ich nicht. Mir hat Marie Lus Debüt aufregende Lesestunden beschert und auch wenn ich mehr erwartet hatte, war ich beim Zuklappen des Buches zufrieden. Die Legend-Trilogie reiht sich (noch) nicht in die Liste meine Lieblingsbücher ein, trotzdem werde ich sie weiterverfolgen und Fans von Dystopien gern weiterempfehlen, jedoch nicht ohne sie vorher vor der Brutalität zu warnen.