Babscha
Wer sich bisher gar nicht (warum auch immer) bzw. vielleicht noch nicht auf Nerdniveau mit Multiplayer-Rollenspielen im Netz befasst hat, erhält im vorliegenden Roman einen kompakten Einblick in diese durchaus faszinierende Welt bzw. holt sich den letzten Schliff auf aktuellem Wissens- und Programmierungsstand. Hauptprotagonist ist der junge John Chu, ein Digital Native auf höchstem Level, der anstelle eines soliden Jobs lieber reichen, aber unerfahrenen Kunden über seine Firma Sherpa-Incorp. für gutes money seine fachliche Unterstützung in den gängigen Rollenspielen anbietet, damit diese sich ihre Lorbeeren (bzw. Level) nicht erst mühsam verdienen müssen, sondern direkt ins gehobene Kampfgetümmel stürzen können. Obwohl seitens der Spieleanbieter strikt verboten, funktioniert diese Geschäftsidee prächtig. Unterstützt wird John dabei von drei bei ihm angestellten Highendspielern. Und da ist auch noch seine Ex-Online-Freundin Darla, eine durchgeknallte , unberechenbare Gamerin, von der er sich trotz eindrucksvollen Könnens im Game getrennt hat und die ihm umfassende Rache geschworen hat. Eines Tages erhält John den Auftrag eines dubiosen Mr. Jones, diesen in die Weihen der Gamerwelten einzuführen. Nach einiger Zeit beschleicht ihn allerdings der Verdacht, dass es sich hier um den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un handeln könnte, der sich, gegen gutes Geld natürlich, inkognito in diesen Sphären umtun will. Und schon kurze Zeit später überschlagen sich dann die Ereignisse. Vorweg: Insgesamt hat mir das vorliegende Buch recht gut gefallen, wenn auch mit Abstrichen. Man erhält als Nichtgamer einen durchaus plastischen, kurzweiligen und spannenden Einblick in die Welt der Rollenspiele und ihrer Gesetze. Allerdings scheinen die Plattformen hier ja zumeist Szenarien anzubieten, in denen es ausschließlich darum geht, seine kämpferischen Skills zu perfektionieren und mit möglichst wirkungsvollen Waffen die immer vorhandenen Gegner so grausam wie möglich zu eliminieren. Ruff lässt in seinen umfangreichen, launigen Begleitinfos im Buch über seinen Helden denn auch durchaus kritische Statements zur Qualität von Einstellung und Geisteshaltung der anonym agierenden Player durchblicken (man mag sich lebhaft vorstellen, wer in solchen Spielen alles vor dem PC sitzt). Die exzessive Gewaltverherrlichung solcher Spiele mag vielen gefallen, meine Sache ist es jedenfalls nicht. Die Story startet rasant und ideenreich und liest sich in der ersten Hälfte am Stück weg. Leider schwächelt sie dann doch bis hin zum irgendwann absehbaren und nicht wirklich überzeugenden Ende und kann damit die aufgebaute Erwartungshaltung letztlich nicht einlösen. Was ebenfalls temporär stört, ist die eigentlich überflüssige, langatmige und ständige Thematisierung von Sex bzw. Cybersex in Verbindung mit einem in diesen Passagen ziemlich tief angesiedelten Sprachniveau. Keine Ahnung, was Ruff hiermit bezweckt. Für Nichtnerds ein kurzweiliger, unterhaltsamer Einblick in neue Welten, für hartgesottene Gamer mit Sicherheit ein gelungenes Stück Literatur mit hohem Wiedererkennungsfaktor. Insgesamt sehe ich hier drei faire Sterne.