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wandanoir

Posted on 23.12.2020

Nicht jedem Roman tut es gut, wenn er neu aufgelegt wird! 1959 schreibt die amerikanische Autorin Janet Lewis, eine Schulkameradin Ernest Hemingways, den Roman „Das Verhängnis“. Für die damalige Zeit ist „Das Verhängnis“ wahrscheinlich ein gutes Buch. Sein Protagonist ist die Zeit in Frankreich unter Louis XIV. In einer solchen Zeit zu leben, ist wahrlich ein Verhängnis! Man darf nicht den Fehler machen, zu glauben, dass es Janet Lewis in erster Linie darum gegangen wäre, ihre handelnden Figuren, die sich in verhängnisvoller Weise sowohl in persönliche Kalamitäten begeben wie auch in den politischen Konstellationen und Gegebenheiten unter dem Sonnenkönig verstricken und aufgrund dieser Dipolarität untergehen, auszuleuchten. Zwar stellt die Autorin mit Marianne und Jean Larcher ein Handwerkerehepaar in den Mittelpunkt ihrer Erzählung, und innerhalb ihrer Figurenzeichung versucht sie natürlich, innere Konflikte der weiblichen Figur darzustellen, die die Konventionen ihrer Zeit sprengt. Nicht unbedingt zu ihrem Vorteil. Dennoch bleiben sowohl die weiblichen Figuren wie Marianne als Hauptfigur wie auch Simone, die kindskriegende Nachbarin oder Marianne Cailloué und ihre sterbende Mutter als Beispiele der Hugenottenverfolgung als Nebenfiguren wie auch die männlichen Figuren Paul Damas, Buchbindergeselle und Liebhaber, so wie jede Menge anderes Personal, ziemlich hölzern und schablonenhaft im Wege rum stehen. Denn sie dienen im Prinzip nur dazu, zu verdeutlichen, wie das Rechtssystem im Absolutismus funktioniert: man ist der Willkür von Herrscherlaunen und dem Zufall ausgeliefert. Buchdrucker und Hugenotten sind sowie so per se verdächtig. Und wenn der König will, werden sie mit einem Fingerschnippen über den Jordan gewuppt. Das Leben auf der Straße, das Treiben am Hofe, die Bedeutung des meist gleichgültigen Klerus, diese Beschreibungen sind der Autorin recht gut gelungen. Wenn man nur nicht immer wieder versucht gewesen wäre, mehr Charakterisierung zu verlangen. Und auf der anderen Seite mehr historische Details zum Zeitengeschehen vermissen würde. In welchem Krieg befinden wir uns gerade genau? Warum sind die Hugenotten so sehr bedroht? Was hat es genau mit diesem Edikt von Nantes auf sich? In England sind die Sitten indes freier. Dieser Handlungsstrang wird (viel zu) spät eröffnet, gibt dem Buch aber eine gewisse Rundung. Dumm nur, dass der Sohn des Handwerkerehepaars nach einigen Jahren in London wieder nach Paris kommt und sich dann absolut unglaubwürdig dumm verhält, so dass alles in einer großen Katastrophe endet. Das Ende kommt dann auch so abrupt und plötzlich, gefühlt handelt es sich nur um einige Zeilen, der Leser ist geplättet, überhaupt nicht vorbereitet und schließt das Buch gänzlich unberührt von der menschlichen Tragödie. „Das Verhängnis“ widmet sich einer Epoche. Der Leser bekommt einen Einblick in die Verhältnisse, die um 1694 herum in Frankreich und England herrschen. Die Stillmittel der Autorin, diesen Roman durch spannende Protagonisten fesselnd zu gestalten, sind jedoch begrenzt. Die Behäbigkeit des Romans kann uns heute nicht mehr begeistern, da wir bereits viel über die vorgestellte Zeit wissen und andererseits historisch nichts hinzulernen. Fazit: Im historischen Kontext zu unklar, im Detail verweilend ohne die großen Linien zu benennen und im Charakterlichen zu hölzern. Schade. Dieser Wurf erscheint uns heutigen Lesern nicht so recht gelungen. Kategorie: Historischer Roman Verlag: Dtv, 2020

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