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mabuerele

Posted on 23.12.2020

„...Jetzt Expertenlevel spielen? Blinkte darunter. Endlich. Es gab also eine Fortgeschrittenenversion. Sobald ich darauf klickte, begann der Bildschirm zu pulsieren und sich scheinbar auszubreiten...“ Der 15jährige Max hat von seinem Freund Jimmy ein Computerspiel erhalten, das von dessen Vater programmiert wurde, noch nicht im Handel ist und angeblich einen Programmfehler enthält. Das kann Max aber nicht davon abhalten, das Spiel gleich im höchsten Level auszuprobieren. Doch was ist nach dem Start passiert? Warum fühlt sich die Welt, in der er sich plötzlich befinden, so real an? Und wieso wird vor seinen Augen ein Mann verstümmelt und mitgenommen? Die Autorin hat einen spannenden historischen Roman geschrieben. Für den Beginn der Zeitreise hat sie mit dem Computerspiel einen ungewöhnlichen Einsteig gewählt. Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Gut gefallen hat mir insbesondere, dass sehr schnell klar wird, dass Max` Sprache und die des Mittelalters nicht die gleichen sind. Bero, ein Bauernsohn, der im Wald die Säue hütet, nimmt Max mit in seine Hütte. Noch immer ist Max nicht klar, was passiert ist. „...Alle Spiele hatten Ziele wie Punkte sammeln oder Missionen durchführen, Dämonen erschießen oder Gold sammeln. Aber jedes Spiel hatte auch eine Pausentaste […] Was in aller Welt sollte ich hier mitten im Wald erreichen?...“ Detailliert werden die Zustände im Mittelalter beschrieben. In Beros Hütte ist Hygiene kein Thema. Wasser zum Waschen ist Luxus. Essen und Getränke drehen Max anfangs den Magen um. Es dauert eine Weile, bis Max erfährt, in welchem Jahr er sich befindet. An ihm nagt das Heimweh. Noch hat er keinen blassen Schimmer, wie er das Spiel beenden kann. Plötzlich sieht er seine Eltern und sein bisheriges Leben in einem völlig neuen Licht. Trotzdem macht Max keine schlechte Figur. Er begibt sich auf die Burg zu Werner von Hanstein und wird dort als Fremdling akzeptiert. Nur bei der Frage nach seiner Herkunft lenkt er gekonnt ab. Durch Max darf ich an den Auseinandersetzungen der Zeit teilnehmen. Bero, der Bauernjunge, träumt davon, Knappe werden zu dürfen. Die Chancen stehen nicht gut. Juliana macht Max die Rechtlosigkeit des Dienstpersonals klar. Der Dienstherr darf sich alles nehmen. Es gibt keine Grenzen. Auch die medizinische Versorgung spottet jeder Beschreibung. Glücklicherweise besitzt Max gewisse Grundkenntnisse und kann helfen. Wieder gehen seine Gedanken zurück: „...Wut brodelte in mir hoch. Computerspiele sollten Spaß machen. Jimmys Spiel war ein Alptraum, weder unterhaltsam noch erfreulich...“ Dabei ahnt Max mit keiner Phase seines Herzens, dass die wirklichen Alpträume für ihn erst noch beginnen, denn er macht sich mächtige Feinde und gerät zwischen die Fronten. Ab und an schwingt ein feiner Humor mit: „...Zornige Mädchen waren wie ein aufgescheuchtes Hornissennest, am besten rannte man so schnell und so weit weg wie möglich, oder man würde es bereuen...“ Eines allerdings kommt Max zugute. Er kann strategisch denken und findet in den meisten kritischen Situationen einen Ausweg. Schwierig wird es, wenn sein Gegenüber nicht versteht, was er meint. Das geht schon bei einer so harmlosen Formulierung los wie „...fünf Minuten...“ Doch Max ist lernfähig und passt sich sprachlich an. Und was tut man in einer kritischen Situation? man ruft Polizei oder Bundeswehr – aber nicht im Mittelalter. Wird er die Rückkehr in seiner Zeit finden? Welche Spuren hinterlässt das Erlebte? All die Fragen werden beantwortet. Ein ausführliches Nachwort und ein Ausblick auf den nächsten Teil ergänzen das Buch. Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ein Zitat aus den Munde von Max möge meine Rezension beenden. „...Leben im mittelalterlichen Deutschland war ätzend...“

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