Jessica
Inhalt: Ein zehnjähriges Mädchen lebt zusammen mit ihrer Mutter, ihrem Vater und ihrem Bruder in einem ganz normalen Einfamilienhaus. Der Schein trügt allerdings und nichts ist nur annährend so idyllisch wie es zunächst wirkt. Nach einem tragischen Ereignis verstummt der Bruder des Mädchens und sie macht es sich mehr und mehr zur Aufgabe sein Lachen zurückzubringen. Während ihr Bruder immer mehr den toddurstenden Händen ihres Vater verfällt, lernt das Mädchen ihre Leidenschaften kennen und geht ihren eigenen Weg. Allerdings ohne ihre Mission aus den Augen zu verlieren: Das Lachen ihres Bruders retten. Handlung: Die Handlung ist wirklich erschütternd und an manchen Stellen vielleicht sogar verstörend. Wenn man diese allerdings in Verbindung mit dem Titel bringt, dann regt dies stark zum Nachdenken an. Es mag sich hoffentlich um Ausnahmen handeln, aber die dargestellten Ereignisse sind für manche Menschen nun mal das wirkliche Leben. Die Autorin stellt brutal ehrlich dar, wie unsere Mitmenschen Probleme in Familien übersehen - ob nun absichtlich oder nicht. Um so stärker wird gezeigt, wie verschiedene Menschen mit ein und demselben Ereignis umgehen. Man sieht die zwei Protagonisten aufwachsen in völlig verschiedene Richtungen. Auch wenn dies nicht ausdrücklich mit erwähnt wird, so appelliert dieses Buch wirklich an die Psyche des Menschen. Schreibstil: Der Schreibstil ist von Anfang an brutal ehrlich. Es wird nichts verschönigt, aber es gibt auch keine Überspitzungen. So werden auch erschütternde Szenen mit den naiven, aber detaillierten Worten eines Kindes oder Heranwachsendens beschrieben. Es ist herauszuhören, dass die Hauptfigur sich bewusst ist, dass ihre Familienkonstellation keineswegs normal ist, aber auf der anderen dies für sie nun mal Normalität darstellt. Auch kann man mehrere Interpretationen daran versuchen, warum der Hauptperson nicht mal ein Name zugewiesen wird. Aber meiner Meinung nach, bleibt dadurch das Allgemeingültige erhalten: Es könnte jeden so treffen, da sich niemand seine Herkunft und Familie aussuchen kann. An und für sich eine sehr tiefgehende und nachdenkliche Geschichte, allerdings nichts worin groß Spannung erzeugt wird, oder Handlungsbögen direkt zu erkennen wären. Charaktere: Generell bleiben die meisten Charaktere sehr kurz und knapp beschrieben, haben aber dafür eine sehr prägnante Persönlichkeit, wodurch ihnen auch ohne viel Hintergrundgeschichte Tiefe verliehen wird. Besonders ausgeprägt ist natürlich das Mädchen um das sich die Geschichte mehr oder weniger dreht. Sie wird über ihre Jugendjahre hinweg begleitet, wodurch man sieht wie ihre Persönlichkeit heranwächst und sich stärkt. Sie hat von Anfang an einen festen Charakter, der im Laufe des Buches eigentlich nur weiter ausgebaut wird. Umso interessanter war der Ausbau der Beziehungen zu den Eltern. Während Gille, ihr Bruder, eine Beziehung zum mehr als fragwürdigen Vater aufbaut, findet das Mädchen in ihrer Mutter langsam eine Verbündete. Fazit: Das Buch ist was es verspricht: Das wirkliche Leben. Vielleicht nicht gerade das Durchschnittsleben, aber eins, was so traurigerweise vorkommen kann. Ich würde sagen es handelt sich nicht wirklich um ein Unterhaltungsbuch, dafür wäre die Handlung auch viel zu sehr gerafft und gekürzt. Es soll vielmehr zum Nachdenken anregen. Es gibt keine direkten Spannungsbögen und keine großen Geheimnisse zu lüften. Ich selbst, als Leser, war nicht wirklich am Mitfiebern oder ähnliches. Deshalb vergebe ich auch nur 2 Sterne, weil ich einfach mehr auf der Suche nach Unterhaltungsliteratur bin. Wer jedoch gerne nach Büchern sucht, die man interpretieren kann, die einen Teil im Kopf für längere Zeit einnehmen oder die einfach, den Leser dazu bringen sein eigenes Leben ein wenig zu überdenken, der sollte vielleicht doch mal zu diesem Buch greifen.