Dreamworx
„An den Scheidewegen des Lebens stehen keine Wegweiser.“ (Charlie Chaplin) 1896 England. Als Tochter einer angesehenen Familie soll Helen Mandeville eine standesgemäße Partie machen und den reichen Anwalt James Mitchell heiraten. Doch mit der Begegnung des deutschen Arztes Ludwig Ellerweg auf einer Europareise begegnet Helen ihrer großen Liebe. Um mit ihm ihr Glück zu leben, bricht sie mit ihrer Familie und heiratet Ludwig in Hamburg. Sohn Fritz ist ein Wunschkind und krönt ihre Liebe. Als Helen die Nachricht erhält, dass ihre Mutter Catherine im Sterben liegt, will sie diese noch einmal sehen und sich mit ihr aussöhnen. Doch nach deren Tod ist für Helen der Weg zurück zu Ludwig und Fritz nach Deutschland abgescnitten, denn der Erste Weltkrieg ist ausgebrochen... Melanie Metzenthin hat mit „Die verstummte Liebe“ die Vorgeschichte zu ihren beiden historischen Romanen „Die Lautlosen“ und „Die Stimmlosen“ vorgelegt, der erneut mit einer fesselnden und berührenden Geschichte aufwartet und den Leser von der ersten bis zur letzten Seite in den Bann zu ziehen weiß. Der flüssige, bildgewaltige und gefühlvolle Erzählstil reißt den Leser sofort mit und lässt ihn eintauchen in die Lebensgeschichte von Helen Mandeville, die diese ihrer Tochter Ellinor nach dem Tod ihres Mannes James Mitchell erzählt. Als Leser ist man während der Schilderungen hin und hergerissen, den Mut und die Entschlossenheit der jungen Helen zu bewundern, während man viele ihrer Entscheidungen während des Krieges für sehr fragwürdig erachtet. Doch in Kriegszeiten ist man wohl oftmals gezwungen, Dinge zu riskieren oder harte Konsequenzen zu ziehen, die man sonst niemals erwogen hätte. Die Autorin hat akribisch recherchiert und ihre Handlung mit dem dazugehörigen historischen Hintergrund verknüpft, so dass der Leser während des Verlaufs sowohl in die gesellschaftlichen als auch die politischen Vorgänge eingeweiht wird. Während der Leser durch die Geschichte von Helen geführt wird, hat man ein wunderbares Kopfkino, denn alles ist so plastisch und lebendig geschildert, dass man sich regelrecht als Teil der Handlung wähnt. In Erinnerung an die beiden vorherigen Romane der Autorin, in denen Helens Sohn Fritz Ellerweg einen tragende Rolle spielt, stellen sich beim Lesen so einige Fragen, die nach und nach durch Helens Lebensbeichte geschickt von der Autorin beantwortet werden und die Veränderung Helens nachdrücklich in den Fokus rücken lassen. Der Spannungslevel ist schon zu Beginn auf einem guten Niveau und steigert sich im Verlauf der Handlung immer weiter in die Höhe. Die Charaktere sind sorgfältig ausgestaltet und lebendig in Szene gesetzt, ihre menschlichen Eigenschaften lassen sie glaubwürdig und realistisch wirken, so dass sie eine Verbindung zum Leser schaffen, die es ihm ermöglicht, sich ihnen nahe zu fühlen und mitzufiebern. Als junge Frau war Helen eine abenteuerlustige, wagemutige und freundliche Frau, die alles in eine Waagschale geworfen hat, um ihr Glück zu leben. Im Alter wirkt sie nun hart, verbittert und zornig, vor allem wohl auf sich selbst aufgrund von tiefen Schuldgefühlen, die sich auch im Verhalten zu ihren weiteren Kindern zeigt. James Mitchell ist ein ehrgeiziger und manchmal recht arrogant wirkender Mann, der Helen wirklich innigst liebt, dabei aber über Grenzen hinausschießt, die ihn nicht näher an sie heranbringen, sondern ihn von ihr entfernen. Ludwig Ellerweg hat Helen nicht nur mit seinem Charme und seienm unbändigen Humor eingefangen, sondern vor allem mit seiner Warmherzigkeit und seiner Fürsorge. Ebenso überzeugen die übrigen Protagonisten mit ihren Auftritten. „Die verstummte Liebe“ besticht mit fesselndem Erzählstil, einer packenden Familiengeschichte sowie einem sehr gut recherchierten historischen Hintergrund. Ein Roman vollgepackt mit Liebe, Schuldgefühlen, unabänderlichen Umständen sowie verpassten Gelegenheiten. Absolute Leseempfehlung für ein wunderbares Leseerlebnis!