Dreamworx
Thriller ist hier das falsche Wort In einem noblen Vorort von Chicago lebt Phoebe Miller mit ihrem Ehemann ein recht konfortables Leben aufgrund einer Erbschaft ihres Vaters, jedoch verlässt sie schon seit geraumer Zeit kaum noch das Haus. Ihre Ehe ist nicht mehr das Gelbe vom Ei, zudem hat Phoebe das Gefühl, als würde sie ausspioniert. Die alte Rostlaube, die sie in letzter Zeit ständig in der Straße sieht, kommt ihr verdächtig vor. Dann zieht nebenan auch noch eine neue Familie ein, deren 18-jähriger Sohn Jake Phoebe gefällt und sich schon bald eine kleine Affäre mit ihm gönnt, wobei sie den alten Wagen völlig vergisst, was ihr zum Verhängnis werden könnte... Allison Dickson hat mit „Die gefährliche Mrs. Miller“ einen unterhaltsamen Thriller vorgelegt, der den Leser aufgrund seiner Erzählweise einige Male aufs Glatteis führt. Der flüssige und bildhafte Schreibstil der Autorin lässt den Leser schnell an Phoebes Seite gleiten, die in Ich-Form ihre Geschichte zum Besten gibt. Unterbrochen wird Phoebes Sichtweise von Einschüben einer unbekannten Person, die sich ebenfalls nach und nach offenbart als eine unbekannte Beobachterin . Phoebes Selbstisolation kommt nicht von ungefähr und hängt wohl auch maßgeblich vom Treiben ihres Vaters ab. Je mehr man als Leser erfährt, umso mehr ist man hin und her gerissen zwischen Abscheu und Faszination, das gilt auch für die mysteriöse Unbekannte, die Phoebes Leben immer mehr aus den Fugen bringt. Dabei bedient sich die Autorin so einiger überraschender Wendungen, die den Leser die gesamte bisherige Situation immer wieder neu rekapitulieren lassen, wenn auch manches etwas zu aufgesetzt und unglaubwürdig wirkt. Der Autorin gelingt es leider erst in der zweiten Romanhälfte, mit knapp dosierten Informationen die Spannung zu steigern, während sie dem Leser Einblick in Phoebes Vergangenheit sowie deren Gefühls- und Gedankenwelt gewährt. Das ist für einen Thriller allerdings etwas zu wenig. Die Charaktere sind recht nett ausgestaltet, besitzen Ecken und Kanten und offenbaren erst im Verlauf der Geschichte ihr wahres Gesicht. Der Leser nimmt dauerhaft die Position des Beobachters ein, denn ein Gefühl der Nähe will leider nicht aufkommen. Phoebe vermittelt den Eindruck einer freundlichen und ehrlichen Frau, die sich von ihren Ängsten beherrschen lässt. Ihr Ehemann beweist eine Menge Geduld mit ihr, vor allem aber ist er um ihr Wohl besorgt. Auch die neuen Nachbarn sind nette Leute, deren Sohn Jake ist noch ein junger Kerl, der noch gar nicht richtig weiß, was er will und wie ihm geschieht. Als Leser sollte man mit seinen Sympathien vorsichtig umgehen, denn nichts ist, wie es scheint. „Die gefährliche Mrs. Miller“ ist ein kurzweiliges Krimiintermezzo, von Thriller kann hier keine Rede sein. Für zwischendurch ganz nett, aufgrund von stellenweise fehlendem Spannungsbogen gibt es aber nur eine eingeschränkte Leseempfehlung.