Bibliaphilia
Mit „Nevernight. Die Rache“ geht eine Reihe zu Ende, die mich mit ihrer unvergleichlichen Protagonistin, epischem Weltenbau und schonungslos direktem Schreibstil einfach nur umgehauen hat. Bis auf ein paar Schwachstellen konnte mich auch der letzte Teil wieder von sich begeistern. Die Handlung schließt nahtlos da an, wo der letzte Band aufgehört hat und schreitet dieses Mal ohne Rückblenden gradlinig auf das große Finale zu. Jay Kristoffs Schreibstil trifft nach wie vor genau meinen Geschmack. Besonders die humorvolle Art, wie er Kritik an seiner Reihe einfließen lässt, hat mir unglaublich gut gefallen. Neben den typischen brutalen Ausartungen sowie unverblümten, schlagfertigen und dreckigen Dialogen kommt es diesmal auch zu vielen emotional aufwühlenden Szenen und herzzerreißenden Abschieden. Jeder Charakter, der einem im Laufe der Reihe ans Herz gewachsen ist, hat noch einmal seinen besonderen Moment und insbesondere Mia zeigt neben ihrer Stärke auch verletzliche Seiten. Man lernt jedoch nicht nur altbekannte Freunde und Feinde vielseitiger kennen, sondern trifft auch auf verschiedene neue interessante Charaktere. Die Handlung ist durchgehend abwechslungsreich und spannend, was auch daran liegt, dass der Fantasyanteil diesmal eine größere Rolle spielt. Leider konnten mich nur Mias Liebesbeziehungen nicht so berühren, wie ihre Freundschaften und das unfaire Schicksal, mit dem sie konfrontiert wird. Das Verhältnis zu ihrem Bruder hat sich zu abrupt gewandelt und die Liebe zu Ashlyn hat mich nicht wirklich erreicht. Ash ist mir in ihrer Rolle als „Geliebte“ einfach zu blass und anstrengend geworden. Interessant wurde die Beziehung eigentlich nur in der Konfrontation mit Tric. Auch wenn es mir das Herz zerrissen hat, hat mir aber eigentlich gefallen, dass Mia sich schließlich nicht für das faire Ende entscheidet. Ich hätte mir nur gewünscht, ihre Gefühle dabei etwas besser nachvollziehen zu können. Ein Ende, an dem nach dem ganzen Morden die Moralkeule, Konsequenzen und Gerechtigkeit für die gesamte Republik auf uns wartet, war nicht wirklich zu erwarten, ganz zufrieden war ich vom Ausgang aber auch nicht (ohne an dieser Stelle spoilernde Gründe nennen zu wollen). Das ist angesichts des epischen und berührenden Finales aber Meckern auf ganz hohem Niveau. Wie nach jeder unvergleichlichen Reihe habe ich die letzte Seite wieder mit zwiegespaltenen Gefühlen zugeschlagen – einerseits unglaublich froh, die Reise bis zum Ende verfolgt zu haben, andererseits ein wenig verloren, denn es wird erstmal dauern, bis mich eine Geschichte wieder so abholen wird! [Rezensionsexemplar]