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Bibliaphilia

Posted on 20.12.2020

Von einem Moment auf den anderen sind wir Gefangene unserer Gedanken, eingesperrt in unseren Köpfen. Höchste Freude und unbeschreibliches Glück, Trauer und vollständige Verzweiflung – sie liegen oft näher beieinander, als wir es uns eingestehen möchten.“ – SABRINA MILAZZO Noelles scheinbar ausweglose Ausgangslage zu Beginn der Handlung, die auch im Wachzustand einem Albtraum nahekommt, und die vielen Fragen, die der Einstieg aufwirft, haben sofort meine Neugier geweckt. Ich habe es sehr genossen, dass ich auf Noelles Reise so viel Miträtseln konnte, denn immer, wenn sie eine neue Antwort über sich, die Traumwelt oder ihren interessanten Verfolger erhält, taucht bereits die nächste Ungereimtheit auf. Sabrina Millazo ist einfach besonders gut mit der Schwierigkeit umgegangen, Hinweise zu streuen, aber doch nicht zu viel zu verraten. Vieles konnte ich irgendwann vorhersehen, aber von einer großen Offenbarung gegen Ende wurde ich richtig umgehauen. Auf einmal haben sich alle Puzzlestücke zusammengesetzt und es hat Klick gemacht – So etwas liebe ich ja! Da die Handlung aus Noelles gegenwärtiger Perspektive erzählt wird, fühlt man sich mitten in die Situation geworfen und kann ihre Gefühle und Reaktionen direkt mitverfolgen. Mir ist es sehr leichtgefallen, ihre Überlegungen und Entscheidungen nachzuvollziehen. Auch wenn ich ihre wiederholten Bedenken, Nate in ihre Probleme einzubeziehen, irgendwann nervig fand, konnte ich sie verstehen. Nate ist am Anfang sehr verschlossen und zeigt nur wenig Empathie für Noelles Lage, aber man merkt schon schnell, dass mehr in ihm steckt. Er ist mir richtig ans Herz gewachsen und ich habe mich über jede seiner dreisten Bemerkungen oder vagen Andeutungen, Noelle zu mögen, gefreut. Die Annäherung der beiden vollzieht sich der Situation entsprechend langsam, aber dennoch gefühlvoll. Sabrina Milazzos Schreibstil ist insgesamt sehr bildgewandt und atmosphärisch, sodass sich viele Situationen und vor allem auch die Charaktere absolut authentisch anfühlen. Die Traumszenen sind wunderbar schaurig geschildert. Ich konnte mir die Schrecken bildlich vorstellen und mit Noelle mitfühlen. Da sie nicht stets im gleichen Szenario gefangen ist, sondern immer wieder mit anderen Albträumen konfrontiert wird, blieb es abwechslungsreich und spannend. Die Begegnungen mit dem Mann mit den aschegrauen Augen werden immer intensiver und schaffen eine richtig beklemmende Stimmung. Das action- und spannungsgeladene Ende hat mich wirklich begeistert. Ich wurde überrascht, von Noelles charakterlicher Stärke beeindruckt und habe ein Wechselbad der Gefühle durchlaufen. Den Ausgang der Geschichte finde ich für jeden einzelnen Charakter passend und bittersüß. Ich hätte mir nur gewünscht, dass Noelle die Situation zwischen ihr und Nate nicht so absolut wahrgenommen hätte. Ein kleiner Hoffnungsschimmer zum Schluss wäre noch dasi-Tüpfelchen gewesen, das gefehlt hat, um mich restlos glücklich zu machen.

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