Maya Rottenmeier
Meine große Liebe: Kochbücher, alleine von ihnen drohen meine Regale aus den Nähten zu platzen. „Groß und Fett“ ist ein Kochbuch, das sich sofort in meine Hände schmiegt. Der Einband ist genial stabil und die Haptik spitze. Blitzartig tauche ich in die Seiten ein. In diesem Buch wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Die Menge einer Butterflocke mutiert zur Esslöffelgröße, denn eines ist unbestritten: Fett ist ein Geschmacksträger und entsprechend liebevoll und intensiv ist hier der Umgang damit. Wer Wert auf eine fettarme Ernährung legt, wird mit diesen Rezepten seine liebe Not haben. Und wer auf grammgenaue Angaben steht, erleidet unter Umständen Schnappatmung, denn hier werden mitunter Tassen geschwungen, die zur Maßangabe herhalten. Doch wen das nicht schreckt, der wird mit glückseligen Geschmackserlebnissen, kostbaren Tipps und humoristischen Texten zwischen den Rezepten belohnt. Aller Anfang liegt in der Vorbereitung: Los geht‘s mit witzigen Steckbriefen über die beiden Hauptdarstellerinnen, die kaum Fragen offenlassen. Maria geht auf die Grundzutaten ein, erläutert Kniffe und Tricks, um mir die Kochwelt zu erleichtern, und stellt erprobte Rezepte aus folgenden Gruppen vor: Kleine Gerichte, Vegetarisches, Fleisch und Fisch sowie Desserts. Sie gibt Einkaufstipps und zeigt auf, welchen Einfluss die Erzeugung eines Produkts auf dessen Qualität und Geschmack hat. Ja, das kann ich nur betätigen. Alleine die unterschiedlichen Aromen von Eiern sind frappierend. Selbst Bio-Eier unterscheiden sich untereinander stark im Geschmack und nicht nur in der Farbe ihres Eidotters. Und bei nächster Gelegenheit erschnuppere ich weißen Pfeffer. Zur Abrundung bereiten Tipps zu Kochtechniken auf die Rezepte vor. Elena schenkt dem Buch Witz mit ihren Einstreuungen. Was nicht unwichtig ist: Das Buch wird in Deutschland gedruckt und vermeidet damit lange Wege im Herstellungsprozess, was der Umwelt zugutekommt. Ab in die Küche zum Praxistest: Nussbutter, Seite 32: Zuerst habe ich mich auf die Nussbutter gestürzt, von der ich bis dato nichts gehört habe. Dementsprechend stand ich bald ratlos vor meinem Topf und habe der sanft vor sich hin köchelnden Butter zugesehen, ohne zu wissen, ob die Temperatur so passt, oder, ob ich mal rühren soll. Dazu brauche ich mehr Anleitung: Also fix das Tablet geangelt und gegoogelt und siehe da, mit einer Bilderstraße und einem Minimum an Text habe ich sie beruhigt fertiggestellt. Für mich ist die Anweisung im Buch für Nussbutter-Anfänger nicht ausreichend, aber das Ergebnis duftet fantastisch. Schneller Apfelkuchen, Seite 146: Mit der leckeren Nussbutter habe ich mich an den schnellen Apfelkuchen auf Seite 147 gewagt. Eines vorweg: Der Kuchen geht wirklich fix und ich habe ihn nur mit dem Schneebesen per Hand gerührt. Womit ich wenig anfangen kann, sind z. B. Tassenangaben. Wenn ich meinen Schrank öffne, schauen mich in mitunter 23 unterschiedliche Tassenformen und Größen an. Ich habe mich für eine kleine Teetasse entschieden, die ihr auf meinen Fotos seht. Damit bin ich gut gefahren. Im Rezept steht, dass man am Ende den Zimt über die Äpfel in der Backform streuen soll. Das habe ich gemacht, aber vorher schon etwas in den Teig gerührt. Ich liebe Zimt und was passt jetzt besser in die Vorweihnachtszeit als dieses Gewürz. Die Geschmacksprobe des rohen Kuchenteigs hat mich meine Augen begeistert verdrehen lassen. Da ich keine rechteckige Kastenform wie Maria und Elena habe, aber den Kuchen in genau der gleichen Form backen wollte, habe ich mich für eine Auflaufform entschieden. Dadurch (jedenfalls vermute ich, das es an der Dickwandigkeit der Form lag) hat sich die Backzeit verdoppelt, was für mich okay ist. Schmackhafte Ergebnisse: Diesen Kuchen backe ich bald wieder. Er ist fluffig, aufgrund des Sprudelwassers und schmeckt trotz der gehaltvollen Nussbutter leicht. Was für ein Geschmackserlebnis. Den empfehle ich mit hundertprozentiger Geschmacksüberzeugung und wegen seiner Einfachheit in der Herstellung. Beim nächsten Mal gebe ich noch frische Vanille dazu. Die passt hervorragend hinein. Knoblauchpaste, Seite 27: Die Herstellung ist keine Hexerei. Bei der Gefäßauswahl ist es unbedingt nötig, dass der Pürierstab nicht nur ins Glas hineinpasst, er darf auch beim Herausziehen nicht die Wände berühren. Ich musste alles umtopfen, weil der Inhalt wohl wegen der Verunreinigung am Rand schneller verderben würde. Beim nächsten Mal würde ich die Knoblauchzehen auch nicht vollständig mit Öl bedecken, sondern etwas weniger nehmen. Meine Knoblauchpaste ähnelt er einer Sauce, als einer Paste, was aber für den Geschmack und der Haltbarkeit nichts ausmachen wird. Kartoffel-Lauch-Gratin, Seite 74: Die Zubereitung gelingt spielend einfach, obwohl ich die Kartoffel- und Soßenmenge etwas erhöht habe. Anstelle des körnigen Senfs, den ich nicht mag, habe ich den selbstgemachten Senf einer Arbeitskollegin meines Mannes genommen. Den lieben wir und er hebt sich wohltuend vom industriellen Einheitsgeschmack der Senfwelt ab. Statt mehligkochender Kartoffeln, kamen bei mir vorwiegend festkochende in die mallorquinische Auflaufform. Trotzdem hat die Garzeit gepasst. Und der Gruyère, ich könnte mich reinlegen. Ich habe alles vorschriftsmäßig überwürzt und im Mund harmonierte es köstlich. Selbst die Knoblauchnote überlagerte nichts. Ein weiteres gelungenes Geschmackserlebnis. Dieses Rezept erhält von mir eine große fette Empfehlung. Mein Fazit: „Groß und Fett – Die eine kocht, die andere isst“ versprüht Lebensfreude, Kochlust und weckt die Kreativität in mir. Ich habe einiges über Brüste gelernt. Männliche und weibliche Brüste; Entenbrüste natürlich. Was denn sonst. Mein Kaufverhalten bedarf keiner weiteren Optimierung, da ich schon vor dem Buch auf hervorragende Qualität, naturnahe Erzeugung und die Herkunft der Produkte achtgebe. In den Seiten entdecke ich nützliche Tipps, die ich gerne umsetze. Kochen ist keine Raketenwissenschaft, aber etwas Anleitung ist nötig, die mir ein wenig fehlt. Statt eines Seitenbildes wäre eine Fotostrecke mit einem Minimum an Text darunter bei einigen Rezepten hilfreich. Doch mit Kreativität und Mut zum Ausprobieren, lassen sich viele Klippen in der Küche umschiffen und essbare Ergebnisse erzielen. Elena und Marias Kommentare zum gemeinsamen Kochen, den Rezepten und eigenen Koch-Erlebnissen, lockern die Seiten auf und unterhalten mich zwischen den Rezepten großartig. Ich habe mir sofort einen Podcast angehört und fühle mich ihnen dadurch noch näher. Der Spaß, den sie zusammen haben, fließt ungefiltert ins Buch und springt auf mich über. Summend und pfeifend agiere ich in der Küche und teile meine Fortschritte begeistert Kater Ismo mit, der staunend im Türrahmen sitzt und mich neugierig beäugt. Von mir erhält „Groß und Fett – Die eine kocht, die andere isst“ 4 geschmackvolle Sterne von 5 und eine absolute Ausprobierempfehlung.