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Buchdoktor

Posted on 19.12.2020

Pierre hat den behinderten Sonny schon so oft im Heim abgeholt und im Rollstuhl in den Park gefahren, dass er sich inzwischen zur Clique der Spielplatz-Mütter zählen könnte. Doch heute bringt Pierre den Jungen nicht wieder zurück, sondern startet mit ihm zu einer Fahrt in die Provence. Er will dort zur Feier von Sonnys Geburtstag einen Berg besteigen und ein paar Flaschen Wein leeren. Pierre scheint Buße zu tun, in dem er Sonny auf den Berg schleppt und zurückmarschiert, um Wein und Rollstuhl den Berg hinauf zu transportieren. Die Aktion kann eigentlich nur im Chaos enden; denn Pierre hat sich vorher keine Gedanken gemacht, was er zu Sonnys Pflege braucht. In die Provence war der an die 60 Jahre alte Mann früher oft mit Sonnys Mutter gefahren. Die beiden hatten eine sonderbare Beziehung, bis sich ihre Wege wieder trennten. Pierre redet ohne Punkt und Komma, der geistig behinderte Sonny kann ihm nicht antworten und bekommt vermutlich nicht mit, dass Pierre ihm von seiner Mutter erzählt. Die Erzählerstimme klingt zynisch, leicht respektlos dem Behinderten gegenüber, politisch korrekt geht sicher anders. Ob nur der Erzähler so unverblümt über den wie eine Pflanze vegetierenden Jungen spricht oder auch Pierre, könnte man sich fragen. Was Pierre mit Sonny feiert, wird erst am Schluss verraten – und die Handlung damit vollendet. Eine sehr kurze, ungewöhnlich direkte Geschichte mit überraschendem Ende.

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