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Die Protagonistin ist Natsume. Wichtig sind noch ihre Schwester Makiko und deren Tochter Midoriko. Der erste Teil liest sich richtig gut. Die Passagen von Midoriko als an ihrem Körper und dem Bild von Weiblichkeit zweifelnder Teenager sind gnadenlos ehrlich, so wie der ganze Roman. Hier dreht sich fast alles darum, dass Makiko sich die Brüste vergrößern lassen möchte. Statt zu fragen, grübelt Natsume darüber, welche Gründe ihre Schwester haben könnte. Im zweiten Teil geht es dann um den Kinderwunsch von Natsume, der sie selbst etwas überrascht. Sie war bisher nur mit einem Mann zusammen und Sex bedeutet ihr nichts. Deshalb hatte sie über das Thema Kinder nicht wirklich nachgedacht. Doch als sie entdeckt, dass es Möglichkeiten der Samenspende gibt, erwacht dieser Wunsch mit großer Macht. In verschiedenen Gesprächen lernen wir alle Facetten des Themas kennen. Spannend fand ich, dass die Unterdrückung der Frau in Japan auch von Frauen ausgeht. Beispielsweise die Schwiegermutter, die darauf besteht, von ihrer Schwiegertochter bis zum Ende gepflegt zu werden, nur, weil sie das genauso erleiden musste. Sonst sind Geld und Ansehen wesentliche Gründe dafür Männer nicht verlassen zu können. Das ist dort viel stärker als hier. Gerade deshalb hat mich auch überrascht, wie offen Mieko Kawakami über Armut schreibt, denn die Familie von Makiko und Natsume war sehr arm. Noch immer arbeitet Makiko als Hostess in einer zweitklassigen Bar in ihrer Heimatstadt Osaka, Natsume wohnt bescheiden in Tokyo und lebt vom Schreiben von Texten, hat aber auch Erspartes in der Hinterhand. Spannend sind die Passagen, die ins Traumhafte abdriften. Sie beginnen immer in der Realität und erst langsam verschiebt sich diese. Ich kam aber jedes Mal noch gut mit und hatte immer ein Gefühl, was diese Abschnitte bedeuten könnten. Auch mit ihren kleinen Beschreibungen von Orten und Menschen hat mich die Autorin gefesselt, mit dieser einfachen Poesie, die sie dafür benutzt. Man muss auch ehrlich sagen: Der zweite Teil zieht sich sehr. Die Form passt hier zum Inhalt, weil Natsume sich im Kreis dreht und von ihrer Unentschlossenheit völlig paralysiert wird. Sie schreibt irgendwann nicht mehr, befasst sich nur noch mit dem Kinderwunschthema. Erst als sie diese Entscheidung getroffen hat, läuft ihr Leben wieder an. Dieser Schluss wird uns dann sehr schnell und plötzlich erzählt. Zwischendrin etwas weniger hätte mir auch gereicht. Trotzdem ist es ein sehr gutes Buch, das sich zu lesen lohnt. Denn die meisten Probleme für Frauen sind dort genau die gleichen wie hier bei uns.