Cubey
Zehn Jahre nach dem Sieg über den Dunklen leben Sloan und ihre Mitstreiter ein halbwegs normales Leben. Naja, so normal ein Leben halt sein kann, wenn man die Welt wortwörtlich vor der Zerstörung gerettet hat. Während Sloan mit ihren posttraumatischen Belastungsstörungen zu Kämpfen hat und sich auch nach einem Jahrzehnt nur schwer in die Rolle der Erwählten einfinden kann (mal ganz abgesehen davon, dass ihre Beziehung zu Matt auch nur so semi läuft) wartet schon die nächste Katastrophe auf sie: Einer ihrer Freunde stirbt. Und zu allem übel werden sie und ihre Freunde bei einer Gedenkfeier quer durch die Dimensionen katapultiert und landen in einem Paralleluniversum, den ihren nicht ganz unähnlich. Mit nur einem Unterschied: Hier ist der Dunkle noch am Leben. Und der Kampf beginnt erneut. Ich hab mich, milde gesagt, sehr auf das Buch gefreut. Auch wenn mir das Ende der Divergent-Trilogie mehr als nur übel aufgestoßen ist, wollte ich “Die Erwählten” mit offenen Armen in meinem Regal begrüßen. Und was soll ich sagen? Das Buch hat mich, auf die ein oder andere Art kalt erwischt. An dieser Stelle einmal eine Warnung vor möglichen Spoilern bezüglich der Geschichte. Wer diese nicht lesen will springt bitte einmal bis zum Fazit. Aber von Anfang an. Gerade die Idee, die Erwählten mal aus einem anderen Licht zu betrachten hat mir sehr zugesagt. Ich hab die Nase voll von Helden in goldener Rüstung, an denen die Opfer, Schäden und Belastungen des Kampfes vorbei gehen wie nichts. Ich will Drama, ich will die wahren Helden ohne ihre Waffen, Rüstungen und goldenen Engelschöre sehen. Und das habe ich! Denn meine Güte… Die Charaktere: Was ist das für ein Haufen an absolut nervtötenden Persona?! Matt ist ein absolut flaches Blatt! Er ist der 0815-Held, wie man ihn ihm absolut jedem Abenteuerroman findet! Grinsen, und die Mädchen fallen in Scharen um, weil er ist doch der “Held” *sparkel* Dann haben wir Ines. Das war es auch schon. Über Ines kann ich so ziemlich gar nichts sagen! Ich bin schonr echt stolz, dass ich mich an ihren Namen erinnern kann //schließt heimlich den Google-Tab Als nächstes wäre da Esther, die Social-Media-Queen. Sie hat das Fashion-Game durchgespielt, hat eine Mutter die im Sterben liegt, ist immer top-geschminkt, hat eine Mutter die im sterben liegt, teilt ihr ganzes Leben online, hat eine Mutter die im sterben liegt, ist eine schillernde Persönlichkeit… hab ich was vergessen? Ach ja, ihre Mutter liegt im Sterben. Hier ein kleiner Einschub: tote oder sterbende Eltern als eine Motivation für Charaktere zu nutzen ist kein Verbrechen, wirklich. Sie dienen als Motivator, als spirituelle Führer in scheinbar unmöglichen Situationen und als letzter Strohhalm für den finalen Kampf. Wenn sie denn auch als solche eingesetzt werden!! Sloan (zu der ich gleich noch komme) und Esther selber erwähnen es durch das Buch hinweg ständig, dass Esthers Mutter im sterben liegt und Esther schnell wieder zu ihr muss! Ja. Ich weiß. Ich habe es begriffen! Doch dieser Fakt wird mir als Leser nur auf den Teller gespuckt. Kann ich etwas damit anfangen? Nein. Macht es Esther sympathischer für mich? NEIN! Es ist nur ein Fakt, genau so wie man immer und immer wieder schreiben könnte, dass der cute Boii aus dem Café blonde Locken und blaue Augen hat. Kann ich als Leser was mit der Information anfangen? Bringt sie mich weiter, wenn sie nicht ausgebaut wird? Nein. Esthers gesamte Charakterentwicklung ist nicht vorhanden, warum mir also andauernd ins Gesicht drücken, dass ihre Mutter im sterben liegt. Diese Information bringt die Story nicht weiter und macht Esther, für mich, nur unsympathischer. Gut… wo war ich? Ach ja! Das Team. Der vierte im Bund ist Albie. Albie ist… ein Bro. Er hat sein Päckchen zu tragen, ist Sloan aber ein guter Freund. Die beiden haben ziemlich was durchgemacht, was gerade an Albie nicht spurlos vorbeigegangen ist. Albie war supportive, ehrlich, frech und direkt. Ich mochte Albie von der ganzen Truppe am liebsten und hätte ihn gerne in Action erlebt! Zum “guten” Schluss haben wir Sloan. Sie ist ne Nervensäge. Wirklich. Sloan lässt sich am ehesten noch mit dem Wort “Rücksichtslosigkeit” beschreiben. Ja, ich weiß sie hat auch eine ganze Menge durchgemacht. Aber… Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft sie ihren Freunden - eher angeblichen Freunden- in den Rücken gefallen ist. Kommunikation? Nicht vorhanden! Vertrauen? Ja, Sloan soll man vertrauen, bei allem was geht, aber anderen Vertrauen? Nope, nicht mit Sloan! Auf andere hören? Tipps annehmen? Mal nicht den sturen Kopf durchsetzen…? Hahaha! Nicht mit Sloane! Mit dem Kopf durch die Wand und den anderen die Schuld geben! Ein sehr beliebtes Muster, was ich immer öfter bei Charakteren, anyway… Sloan hat mir, zwischenzeitlich, echt den letzten Nerv geraubt. Ich weiß nicht nach welchen Maßstäben sie ihre Entscheidungen trifft, wahrscheinlich Würfelt sie, aber es sind die zufälligsten Entscheidungsmuster die mir jemals über den Weggelaufen sind. Und so kommt es nicht nur einmal vor, dass Sloan auf alles in ihrer Umgebung einen feuchten Dreck gibt und sich kopfüber ins “Abenteuer” stürzt. Oh Himmel… klebt sie einfach irgendwo fest. Bitte… Der Storyverlauf: Die Story verlief… wirr. Also schon irgendwie geradlinig, aber eher wie die Storyline eines gewissen Animes, welcher nun schon seit mehr als zwei Jahrzehnten läuft. Man weicht ab, biegt von der Story-Line-Straße runter und macht eine kleine Kaffeepause, ehe man wieder zurück auf die Straße fährt, eine falsche Abzweigung nimmt, bei einer Tankstelle nach dem Weg fragt um dann wieder auf Kurs zu kommen, nur um am Ende mit der Kontrollleuchte auf die Einfahrt einzubiegen und den Motor quälend abzuwürgen. Falls ihr euch jetzt fragt: Was labert die da? Ja, das fasst die Geschichte gut zusammen. Sloan und ihre Freunde werden in eine andere Welt geworfen, bei der es den Anschein erweckt, dass nicht viel Zeit bleibt um die Neuankömmlinge auf den finalen Kampf vorzubereiten und was macht mach…? Was macht unsere güldene Protagonistin, Sloane? Geht Joggen. Besucht ein Museum. Geht in eine Bar. Besucht die Paralleluniversums-Form eines Bekannten von ihr (Nein, das ist keine Charakterentwicklung, dass hat auch nichts mit “Ich will dieses Universum besser verstehen und wie es sich von unserem Unterscheidet” zu tun. Das nennt sich: sinnlos Seiten füllen.) Beteiligt sich irgendwann nicht mehr vernünftig am Magie-Training (“Ja, aber sie hat doch xyz gemacht, damit sie…” das Rechtfertigt ihre Handlung nichts im geringsten!) bringt sich MEHRFACH in Gefahr, ein paar mal auch ohne ihren Freunden auch nur ein Wort zu sagen und ergreift irgendwann EigenInitiative, was gehörig hätte schief gehen können. Aber… Deus Ex Machina Magie-Nadel. Die Story hätte so vieles sein können, und ich weiß, dass es noch einen zweiten Teil geben wird, das ändert nichts an der Schwäche des ersten Teils. Die Geschichte dümpelt daher, bis man irgendwann in das Finale geworfen wird, davor wird man erst nur kryptisch, danach dann mitleidig mit möglichen Hintergrundinformationen versorgt, bis der Finalkampf vor einem steht und auf eine unfassbar enttäuschende Art beendet wird. Fragen über Fragen bleiben, während Sloan mit ihrem Prinz in goldener Rüstung in den Sonnenuntergang reitet (oder viel mehr fährt und das meine ich wörtlich.) Was mir der Klappentext so schön angeteased hat - das Helden da sein, die Konsequenzen aus dem Kampf, was es mit einem macht…- alles nun hinfällig. Konsequenzen sind nun egal, was passiert mit den Opfern, wie gehen die Helden damit um, was weiß ich alles an Folgen…. Egal. Hinfällig. Weggeworfen… Einfach so. Fazit Das Buch ist dynamisch. Es steht nicht still und immer passiert irgendwas. Und auch wenn mich der Verlauf und die Charaktere genervt haben wie nichts gutes, muss ich zugeben, dass ich selten so gut durch eine Geschichte durchgekommen bin wie in diesem Fall. Und, auch wenn mich der erste Band ein wenig Enttäuscht zurück gelassen hat… ich hatte meinen Lesespaß damit und hab es dennoch immer wieder gerne aufgeschlagen, da ich wissen wollte wie es weiter geht. Band 2 werde ich mir, der Vollständigkeit halber, auch zulegen und lesen, einfach damit die Geschichte zu einem Ende findet. Bekommt die Geschichte von mir eine Leseempfehlung? Eine kleine. Wer die “Divergent”-Reihe gelesen hat, wird hier definitiv seinen Spaß finden. Auch wer sich gerne mal eine etwas andere Handlung wünscht kann hier fast nichts falsch machen. “Die Erwählten - Tödliche Bestimmung” bekommt von mir 3 von 5 Sterne