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gwyn

Posted on 10.12.2020

Die Bilder von Alieva, Rabiyat sind wunderschön und farbgewaltig. Mit diesem Buch soll man angeblich lernen zu aquarellieren. Für diese Aussage bekommt das Buch von mir 0 Punkte! Denn es führt den Anfänger zu Frustration und wahrscheinlich zu Aufgabe des Malkastens. Letztendlich ist es wieder, wie so oft, lediglich eine Präsentation des Egos des Künstlers: Schaut mal, was ich kann! Fangen wir von vorne an. Der Grundlagenteil zu Material, Farbtheorie, Perspektive bis hin zu Proportionen, die Besonderheit der Aquarellfarbe im Zusammenhang mit Wasser ist gut erklärt. Was hier allerdings fehlt, ist die Vielfalt der Aquarellfarbe. Bei den Farben werden nur Blöcke und Tuben genannt. Es gibt diverse Aquarellstifte, harte, die sich vermalen lassen, flüssige, Aquarellkreiden usw. Und alle modernen Möglichkeiten mit Nachfüllstiften, Pinsel, die Wasser transportieren, fehlen. Auch die Vermischung mit anderen Materialien, wie Farbstifte, Ölkreiden usw. «Jedes Motiv wird Schritt-für-Schritt erklärt und die hilfreichen Tipps führen einen sicher zum Erfolg. Aquarell-Mal-Spaß garantiert!» Der Einstieg beginnt mit einem Lavendelstrauß, mit dem ein Anfänger völlig überfordert ist. Gleiches gilt für Blumen und Bäume, die folgen. Wo sind hier die einfachen Tricks und Kniffs, mit denen man als Anfänger sich zunächst mit dem Material vertraut machen kann? Einfache Strukturen, einfache Formen? Wer noch nicht frustriert ist, macht bei der Landschaft weiter. Es beginnt mit einem kitschigen Sonnenuntergang. Das Bild eignet sich für Anfänger. Die Berge im Nebel verlangen schon mehr, aber mit Geschick bekommt man auch das hin. Beim dritten Bild, Landschaft mit See (siehe Cover), ist es dann für Anfänger sicher vorbei mit lustig. Die Steigerung folgt – der Wald – ist gar nicht mehr im Rahmen eines Anfängers zu betrachten. Richtig heftig wird es beim Thema Wasser. Klasse, die Kulisse der Jachten im Hafen, fein detailliert! Mach das mal nach! Gleiches gilt für den detaillierten Sonnenuntergang mit Steg und Boot. Bevor sich jemand mit Stadtbildern beschäftigt, sollte er sich zunächst einmal mit Perspektive (was schon für die Landschaftsbilder gilt, hier nur angerissen wird) und architektonischer Gestaltung auseinandersetzen. Auch hier kann man mit ganz einfachen Übungen zu Stadtbilden beginnen. Für Anfänger empfehle ich, sich vor dem Gebrauch von Farbe mit dem Zeichnen grundsätzlich sich auseinanderzusetzen. Sehr fein sind alle Grundregeln in «Einfach zeichnen lernen» vom EMF Verlag erklärt. Das Stadtbild Prag verlangt Können und das Stadtbild München lässt den Anfänger stauen, den Pinsel weglegen. Dann lernen wir Schwupps, mal ein Porträt zu zeichnen. Ein wenig Skelett, ein wenig die Augen und die Nase und den Mund und fertig ist der ausgebildete Porträtmaler. Als Vorlage drei hochklassige Porträts, mal schnell kopieren. Was mir völlig fehlt, ist Grundlagenwissen auszuprobieren: Nass-Technik, Trocken-Technik, üben, mit zu Stiften arbeiten, auch fehlen verschiedenen Arten des künstlerischen Ausdrucks – hier wird lediglich fotografischer Darstellung gearbeitet, also ein eindimensionales Darstellen des Aquarellierens, das aus dem letzten vorletzten Jahrhundert stammt. Auch Sketching wird ausgelassen. Das ganze also «Watercolor-Grundlagenwerk» zu nennen, ist ein Witz! Wie gesagt, hier zeigt eine Künstlerin, was sie kann. Mehr ist das nicht. Ich weiß nicht, was den Verlagen bei solchen Büchern durch den Kopf geht? Entscheiden hier Menschen, die niemals einen Stift oder Pinsel in der Hand hatten? Didaktisch bekommt das Buch von mir 0 Punkte. Von wegen Grundlagen! Der Anfänger ist überfordert. Grundlagen werden so rein gar nicht gelehrt! Eigentlich sind die Themen in vier Bücher aufzunehmen, wenn man es richtig macht: Pflanzen, Landschaft, Stadtbild, Porträt. Das alles zusammenzubacken ergibt so keinen Sinn für Anfänger, schon gar nicht mit dieser Qualität der Vorlagen. Die Textqualität lässt zu wünschen übrig. Erstens in der Übersetzung und ganz wichtig, in der Didaktik. Anstatt verständlich zu vermitteln, wird geplauscht, angerissen. Die Schritt für Schritt Erklärungen sind in viel zu großen Sprüngen vollzogen und kaum erläutert. Was soll ein Anfänger damit anfangen? Der beißt bei solchen Büchern nur frustriert in den Pinsel. Mit Unerfahrenen kann man schöne Dinge malen, aber keine zeichnerisch perfekten Werke – Ausnahmen bestätigen immer die Regel. Die Annäherung an Material und einfache Strukturen stehen für den Neueinsteiger im Vordergrund. Einem Greenhorn kann ich «Das neue Aquarell-Praxis-Buch» vom EMF Verlag empfehlen. Mit dem hier wird man nur Frust schieben. Es ist legitim, wenn ein Verlag die Werke von berühmten Bloggern in Bücher druckt – aber bitte nennt das nicht Zeichenkurs für Anfänger! Für wen ist dieses Buch eine Bereicherung? Für Menschen, die gut zeichnen können und sich erstmals mit dem Aquarellieren beschäftigen möchten oder für Fortgeschrittene aus dem Bereich Watercolor. Nach ihrem Abschluss als Modedesignerin arbeitete Rabiyat Aliyeva zunächst in verschiedenen Bereichen des Designs, vom Illustrator bis zum creative Director. Trotz ihres beachtlichen Erfolgs in der Welt des Designs beendete sie ihre vielversprechende Karriere, um sich ganz auf ihre Kunst zu konzentrieren. In ihren Bildern vermittelt die Autodidaktin ihre Emotionen und Lebenserfahrung und versucht so, Menschen zu inspirieren. Rabiyat hat verschiedene Methoden und Techniken der Zeichenschulung absorbiert und gibt ihre Erfahrung, wie man in kurzer Zeit lernen kann, beeindruckende Aquarelle zu zeichnen, gerne an andere weiter.

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