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gwyn

Posted on 9.12.2020

Zum 250. Geburtstag des deutschen Naturforschers präsentierte 2019 die Humboldtexpertin Andrea Wulf eine farbenprächtige, opulent illustrierte Grafic Novel über Humboldts berühmte Südamerikaexpedition (1799 bis 1804), begleitet durch den Botaniker Aimé Bonpland. Angeregt von seinen Tagebüchern, Kupferstichen, Skizzen, Landkarten und präparierten Pflanzen erzählt die New Yorker Illustratorin Lillian Melcher bildnerisch durch die Expedition; wie z.B. über waghalsige Fahrt durch die Stromschnellen des Orinoco, bei dem die beiden Wissenschaftler fast ertranken, oder die spektakuläre Besteigung des Chimborazo (hierzu gibt es eine aufklappbare Vierfachseite). Bei diesem Aufstieg begreift Humboldt den Zusammenhang der Natur, den Vegetationsschichten im Zusammenspiel, der Wichtigkeit der Pflanzen und Tiere. Andrea Wulf nimmt die Perspektive von Humboldt an, anhand seiner Tagebuchaufzeichnungen, – die erst vor kurzem zugänglich gemacht wurden – berichtet er uns mit Begeisterung von seinen Entdeckungen, den Gefahren, von Begegnungen mit der indigenen Bevölkerung Südamerikas. Und er warnte bereits damals vor dem vom Menschen verursachten Klimawandel. Das Buch ist in seiner künstlerischen Aufmachung eine Mischung aus Sachbuch, Autobiografie und Abenteuer eines Entdeckers. Die beiden Wissenschaftler besuchen Venezuela, Kuba, Peru, Ecuador, Mexiko und die Vereinigten Staaten, sammeln unbekannte Pflanzen und Tiere, Mineralien, fertigen Zeichnungen an, präparieren, notieren, sortieren. Humboldt berichtet vom Erdbeben in Cumaná, von einem astronomischen Ereignis, dem Merkurtransit von 1802, bei dem Merkur als winziger schwarzer Punkt innerhalb mehrerer Stunden über die Sonnenscheibe wandert. Humboldt ist ein kritischer Beobachter, dem die weit verbreitete Sklaverei ein Dorn im Auge ist. Auch der Raubbau an der Natur durch die Abholzung der Regenwälder bekümmert ihn zutiefst, denn er begreift bereits die Bedeutung des Regenwaldes für das Klima. Fotografien, handschriftliche Manuskriptseiten, Zeichnungen von Humboldt, dazu die Zeichnungen von Lillian Melchier sind meist in Collagen zusammengestellt, mit Sprechblasen der Agierenden belegt. Durch den Stilmix, bereichert mit Tintenklecksen, Stock- und Wasserflecken bekommt die Grafic Novel viel Authentizität. Manchmal verlaufen, fast ertrunken, ein Erdbeben erlebt; Abenteuer der Wissenschaftler in der Neuen Welt machen die Geschichte zum Erlebnis. Das Entdecken von Unmengen neuer Pflanzen und Tiere bringt Humboldt auf neue Ideen, wie die Welt sich zusammensetzt. Andrea Wulf erzählt mit biografischen Details, historisch korrekt von den Entdeckungen Humboldts. Humboldt erlebte die amerikanische Unabhängigkeit, die Französische Revolution, die Eroberung Europas durch Napoleon, eine Zeit des Aufbruchs und der Veränderungen, ein Zeitalter der Weltentdecker. Schon damals wies Humboldt auf die Umweltzerstörung durch Abholzung hin, die Wichtigkeit des Regenwalds für das Weltklimas. Er prangerte die Sklaverei an. Am Ende seiner Reise legt er in den USA an und trifft auf Präsidenten Jefferson. Geschichte, Naturwissenschaft und Abenteuer verknüpft in eine Grafic Novel – Allage, interessant für Jugendliche und Erwachsene. Ein gelungenes Werk, um sich über Alexander von Humboldt ein Bild zu machen. Lillian Melcher ist Illustratorin und lebt und arbeitet in Hudson, NY. Dies ist das erste von ihr illustriete Buch. Lillian absolvierte 2016 die Parsons School of Design mit einem Abschluss in Illustration. Sie wurde mit dem SCBWI Student Illustrator Stipendium und der jurierten Ausstellung und dem Buch der Society of Illustrators Illustrator 62 ausgezeichnet. Leider wird beim Bertelsmann Verlag die Künstlelin weggelassen. Ihr Name steht imerhin noch auf dem Cover. Andrea Wulf, geboren in Indien und aufgewachsen in Deutschland, lebt seit anderthalb Jahrzehnten in London. Seit ihrem Studium der Designgeschichte am Royal College of Art arbeitet sie als Sachbuchautorin und Journalistin. Sie wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet, ihr Buch «The Brother Gardeners» wurde u.a. für die Longlist zum Samuel Johnson Prize nominiert. Sie schreibt u.a. für «Wall Street Journal», «Sunday Times», «New York Times», «Guardian» und «Times Literary Supplement» und arbeitet zudem regelmäßig für die BBC.

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