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Buchdoktor

Posted on 7.12.2020

Sean Duffy lebt zu Beginn der 90er mit Lebensgefährtin und Tochter im schottischen Portpatrick. Seine geliebte Coronation Street in Belfast und seinen Arbeitsplatz bei der RUC, der nordirischen Polizei, kann er bei gutem Wetter von Portpatrick aus sehen. Dass der „katholische Bulle“ mit der frechen Klappe sich bis zur Pensionierung mit einer Teilzeitstelle begnügen und sich nicht in Schwierigkeiten bringen würde, hat vermutlich kaum ein Duffy-Fan geglaubt. Weil der zuständige junge Kollege Lawson in Urlaub ist, wird Duffy auf den Mord am offenbar wohlhabenden Kunstmaler Townes angesetzt. Natürlich nur bis zu Dawsons Rückkehr, da Duffy als Altersteilzeitler offiziell keine Kriminalfälle mehr bearbeitet. Wie McKintys Leser dessen Duffy kennen, zieht er im Fall des Kunstmalers an einem Faden und finden sich zusammen mit Kollege Crabbie im komplizierten Geflecht des Nordirland-Konflikt wieder, den Troubles, wie es beschönigend hieß. Der Polizeiposten auf der anderen Seite der Grenze zur Republik Irland ist alles andere als begeistert, dass Duffy seine Fühler bis in dessen Revier ausstreckt, nicht offiziell natürlich. Die IRA steht nach dem Ende der Ära Thatcher offenbar unter Handlungszwang, kurz bevor Friedensverhandlungen den Konflikt beenden könnten. Duffy und Crabbie könnten froh sein, endlich aus dem Schussfeld der IRA zu sein, sollen sie wirklich schlafende Hunde wecken? Duffy kennt seinen fatalen Hang zu Alleingängen, doch was bleibt einem erfahrenen Polizisten übrig, dem der Special Branch einen hochnäsigen Aufpasser zur Seite stellt? Duffy und Kollege Crabbie finden im Fall Townes reichlich Gelegenheit zum Lästern über die neue Generation von Ermittlern in schnieken Anzügen, die im Gegensatz zu den „alten Hunden“ noch keinerlei Intuition haben. Auch die Coronation Street hat sich längst verändert. Duffy lagert dort einen Teil seiner LP-Sammlung, als wolle er sich eine Hintertür zur Rückkehr nach Belfast offenhalten. Auch nach seinem Umzug nach Schottland ist Duffys Leben voller loser Fäden. Der englische Titel „Hang On St Christopher“ (Tom Waits) stellt einen Bezug zum Norton Motorrad her, das in diesem Band eine entscheidende Rolle spielt, ebenso zum Thema älterer Männer, um die herum sich die Welt verändert hat. Als Duffy bei seinen Ermittlungen in Gedanken einen Bogen zur Figur des Michael Forsythe aus McKintys New York-Reihe schlägt, dachte ich einmal mehr, dass der 8. Duffy-Band doch nicht der letzte sein kann … Mit Sean Duffy und seinem Talent, Prügel zu kassieren, während andere am Ende den Ruhm einfahren, ist Adrian McKinty ein glaubwürdiger Icherzähler gelungen, dessen Sprachrhythmus mich in diesem Band wieder begeistern konnte.

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