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mabuerele

Posted on 6.12.2020

„...Er war allein. Jetzt hast du nur noch dein Leben, sonst nichts mehr, überlegte er. Er wollte nicht mehr daran denken, was es für eine Krankheit war, an der seine Eltern gestorben waren. Er wollte auch nicht daran denken, dass ihr kleiner Bauernhof vorgestern in der Nacht abgebrannt war...“ Es war die Cholera. Zwölf Jahre ist Rune im Jahre 1892, als er sein Dorf verlässt. Er ist auf den Weg zu seiner einzigen Verwandten in der Nähe von Lübeck. Doch dort wird er nie ankommen. Er muss vor zwei Räubern fliehen und versteckt sich an einem See. Völlig erschöpft klopft er später bei dem Schäfer Johannes Silban an. Der bietet ihm bei sich ein Heim. Mittlerweile sind 10 Jahre vergangen. Johannes ist in die Jahre gekommen. Deshalb unternimmt Rune die Fahrten durch das Land, um die Wolle zu verkaufen. Auf einen Dorf kommt in plötzlich eine erste Erinnerung an das Geschehen vor 10 Jahren. Der Brand von Runes Bauernhof war nicht der einzige im Jahre 1892. Auch auf dem Gestüt des Herrn von Waasner hat es gebrannt. Dabei kam der Gutsherr ums Leben. Seine kleine Tochter gilt seitdem als verschwunden. Ihrem Onkel Walter von Waasner, der aus Amerika zurückgekehrt ist, lässt das keine Ruhe. Der Autor hat einen spannenden historischen Krimi geschrieben. Die Zustände und Zuständigkeiten auf den Gütern der damaligen Zeit, aber auch das Leben in den Dörfern werden sehr gut dargestellt. Rune hat ein Problem. Er ist verliebt. Nun gilt es, seiner Zukünftigen zu beweisen, dass er ihr ein Heim bieten kann. Dabei belastet ihn eine Sache, die er sich nicht erklären kann. „...Doch Rune schwieg unwillig, gefangen in Erinnerung an Dinge, die sich noch immer als unwirkliche Bruchstücke in seinem Gedächtnis versteckten und die er lieber vollständig vergessen würde...“ Detailgenau beteiligt mich der Autor an all den Unternehmen, die Walter von Waasner unternimmt, um herauszufinden, was vor 10 Jahren wirklich geschehen ist. Verschiedene Vermutungen werden aufgestellt und wieder verworfen. Bei Befragungen, zum Beispiel des Pastors, kommen Puzzleteile zutage, die aber mehr Fragen als Antworten aufwerfen. Schön ausgearbeitet ist das erste längere Gespräch zwischen Rune und Linda. Hier zeigt sich, wie gekonnt der Autor mit Metaphern umgeht und mit Worten spielt. „...Eine mondlose Nacht ist eine Nacht voller Geheimnisse und Geheimnisse sollte man besser bewahren, als sie zu verraten...“ Gegen Ende wird klar, dass Runes Erinnerungen der Schlüssel zur Lösung des Falles sind. Der damalige Täter aber sieht nun sein Felle fortschwimmen und plötzlich wird es nicht nur für Rune lebensgefährlich. Eine der Nebenfiguren ist Antonia. Die junge Frau hat mir sehr gut gefallen. Sie weiß, was sie will, setzt es durch und zeigt Mut. Außerdem hat sie Humor. „...Mercedes 35 PS ist ein ziemlich ungewöhnlicher Name für so ein Monster. […] Rollendes Wildschwein würde besser passen...“ Jedes Kapitel beginnt mit einem Ausschnitt aus dem Schlei – Boten, der örtlichen Zeitung. Dadurch erhalte ich eine Menge an Zusatzinformationen über die Geschehnisse im aktuellen Jahr. Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist historisch genau und sehr spannend.

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