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mrstrikehardt

Posted on 6.12.2020

Die Neuauflage ist dem Verbrecher Verlag hochzurechnen und wird hoffentlich viele Leser*innen finden. Die drei Langgedichte geben Auskunft über türkischen Gastarbeiter*innen, die in den 60iger Jahren nach Kreuzberg kamen und blieben. Die Gedichte sind Ausdruck einer engagierten Literatur. Aras Ören lässt die Protagonisten, die Arbeiter und Arbeiter*innen zu Wort kommen. Sie erzählen, woher sie kommen, was sie bewegt und wovon sie träumen. Im Fokus stehen klar die türkischen Gastarbeiter*innen, aber auch die deutschen Arbeiter*innen in der Naunynstraße werden gehört. Öfter ist ein Neben- und Gegeneinander als ein Miteinander. Auffällig ist, dass in den Besprechungen der Neuauflage der (klassen)politische Aspekt (Ausbeutung, das Ausspielen der Nationalitäten gegeneinander durch die Vorgesetzten, Verhinderung von Gewerkschaften) kaum erwähnt wird. Dabei ist die Aktualität weiterhin gegeben, wenn bspw. „Der Kreuzberger Bauarbeiter namens Dieter“ davon träumt, den Bezirk zu verschönern. Das böse Erwachen stellt dann die Mieterhöhung von 250% dar. Aras Örens Sprache ist schnörkellos und schonungslos und gleichzeitig voller Mitgefühl für seine Protagonisten. Vielleicht liegt es daran, weshalb sich die Gedichte weiterhin so frisch lesen. Und wer die Möglichkeit hat, sollte sie in der weitestgehend (luxus)sanierten Naunynstraße in Kreuzberg laut lesen, um sich die Gegensätze und Verschränkungen von Gegenwart und Vergangenheit ins Gedächtnis zu rufen.

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