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papierfliegerin

Posted on 2.12.2020

Der Einstieg in die Geschichte ist wirklich nicht weiter schwierig, dafür thematisch gesehen sehr schwere Kost. Wir lernen unsere Protagonistin Brooklyn in ihrem alten Leben kennen, gemeinsam mit ihrer großen Liebe Thomas und dürfen die beiden inmitten ihres Glücks begleiten. Der große Knall kommt aber fix, denn die zwei werden auseinander gerissen; vom Schicksal höchstpersönlich. Thomas stirbt. Ein sehr berührender, und zutiefst bedrückender Start, der einem die Trauer, die in Brooklyn herrscht, wirklich nahe bringt und nachempfinden lässt. So schafft es Sarah Stankewitz, den Leser direkt an die Handlung zu binden und seine Gefühle zu beeinflussen. Nach dem Zeitsprung geht es dann etwas weniger turbulent weiter, doch nicht weniger emotional. Wir erleben, wie schwer es ist, wieder Fuß zu fassen und nach so einer Trägodie weiterzumachen. Die Gefühle wurden sehr intensiv und authentisch transportiert Die Problematiken von Hinterbliebenen sehr realistisch geschildert und alles in allem einfach sehr berührend eingefangen und wiedergegeben. Doch kaum erscheint Chase auf der Bildfläche, lässt die Glaubwürdigkeit der Geschichte etwas nach – zumindest ist das mein Empfinden gewesen. Und nicht nur die Glaubwürdigkeit, sondern auch die innige Bindung zu Brooklyn geriet in Mitleidenschaft. Es gibt plötzlich sehr viel Drama, sehr viele Zufälle und der Spannungsbogen, er beinah nur von Emotionen lebte, flacht zunehmend ab. Mir fehlte leider das Knistern zwischen den Figuren. So konnte ich die fliegenden Funken leider nicht greifen und verlor so nach und nach das Interesse daran, zu erfahren, wie es mit ihnen weitergeht. Es gab zwar immer wieder kleinere Plots, die wirklich ganz niedlich waren, aber das reichte schlicht nicht aus. Trotz gewissen süßen Passagen, fesselte es mich längst nicht mehr so, wie es anfangs noch der Fall war und das ganze wurde zunehmend klischeehafter. Auch wenn Snow, der Hund von Brooklyn immer wieder für kurze Schmunzler sorgen konnte und das Geschehen auflockerte, wollte mich die Geschichte nicht mehr in ihren Bann ziehen. Eben weil die Gefühle für mich fehlten. Obwohl die oben genannte Trauer natürlich nicht von jetzt auf gleich verflog, rückte sie doch in den Hintergrund und verblasste neben der Sache mit Chase und Brooklyn total. Der große Twist folgt dann ebenso vorhersehbar, sodass die Überraschung komplett ausbleibt. Lediglich der Part, wie das Ganze auffliegt, war ganz interessant ausgearbeitet und hat mich durchaus fesseln können. Auch das was darauf folgt, ist, im Vergleich zum Rest packender. Denn auch wenn die Handlung nichts Neues ist, ist sie doch schön in Worte gefasst und deutlich emotionaler abgewickelt. Durch schöne Einfälle der Autorin hebt sich das letzte Drittel definitiv vom mittleren Teil ab und kann einiges an Kritik auffangen, wenn auch nicht alles davon. Gen Ende hin musste ich sogar das ein oder andere Tränchen verdrücken, schlicht weil es so schön war. Mir fällt einfach kein anderes Wort ein, um es zu erklären. Es war schön, und herzerwärmend und einfach berührend. Weil plötzlich auch die Trauer wieder in den Vordergrund rückte und wieder mehr Raum einnahm. Und die ein oder andere Überraschung tat sich ebenfalls noch auf. Nichts weltbewegendes, aber ehrlich gelungen und eine willkommene Abwechslung. Ein stimmiges Ende war es also allemal; so wurden alle Fragen zufriedenstellend beantwortet und obwohl nach dem Twist alles recht schnell ging, hatte ich nicht das Gefühl, dass irgendwas überstürzt wurde. Ich bin jedenfalls sehr glücklich mit dem Schluss und kann nun doch positiv auf „Perfectly Broken“ zurückschauen. Die Charaktere haben, genau so wie die Handlung, ihre Höhen und Tiefen. Beide haben ihre Glanzmomente, aber auch ihre Schattenseiten. So war es zum Beispiel Brooklyn, die mich immer wieder an den Rande der Verzweiflung trieb. Einerseits fand ich sie unheimlich stark, absolut bemitleidenswert nach ihrem Verlust und sehr authentisch und glaubhaft. Sie offenbarte ihre Emotionen so packend und so herzzerreißend, so ehrlich und so voller Schmerz, dass man gar nicht anders konnte, als sie in die Arme schließen und fest drücken zu wollen. Doch neben all der Sympathie, die ich für sie empfand, war da auch etwas an ihr, was mich einiges an Nerven kostete. Ihre flatterhaften Sprünge zwischen todunglücklich und am Boden zerstört; und bis über beide Ohren verliebt, kamen so prompt und oft, dass es einem selbst enorm schwer fiel, sie so richtig nachzuempfinden. Meine eigene Gefühlswelt konnte sich gar nicht so schnell anpassen, wie sie ihre Emotionen wechselte und irgendwann knickte ich schließlich ein und konzentrierte mich auf eine Seite an ihr. Ansonsten will ich aber ehrlich kein schlechtes Wort über sie verlieren, weil ich mich einfach nicht 100% in sie hineindenken konnte – weil mir da die Erfahrung fehlt (zum Glück!). So bin ich rückblickend doch ganz glücklich mit der Besetzung, eben weil Brook ihr Herz am rechten Fleck trug und so mutig war, sich einem Leben ohne ihre große Liebe zu stellen. Keine Selbstverständlichkeit. Und Sarah Stankewitz hat mit Brooklyn eine wirklich realistische Persönlichkeit geschaffen, die glaubhaft denkt und handelt und doch ihre Schwächen hat und an ihnen arbeitet. Die Entwicklung von ihr kann sich nämlich definitiv sehen lassen. Chase hingegen gefiel mir auf ganzer Linie. Zwar hat es eine geraume Weile gedauert, bis ich eine Bindung zu ihm hergestellt hatte, doch als dies dann geschehen war, klappte es zwischen uns enorm gut. Ich fand ihn von vorn herein sympathisch und attraktiv, sehr lebendig und realistisch und in seinem Tun und Denken größtenteils nachvollziehbar. Er hatte mehrere verschieden Facetten an sich und sie alle harmonierten mieinander und standen in keinem Widerspruch. So konnte er einfühlsam und ruhig sein, aber auch laut und charakterstark. Er stand für sich und seine Lieben ein und zeigte eine Loyalität, die man bewundern muss. Manchmal bewies er jedoch falsches Pflichtgefühl und tat sich gewisse Dinge an, die er so niemals tun müsste. Dinge, die er nicht verdient hat. Wer das Buch gelesen hat, wird sicher wissen, wovon ich spreche – wer nicht, der muss das Buch wohl noch lesen 😉 Kurz um: Chase war ein durch und durch positiver Kerl, sehr empathisch und liebenswert und eine große Bereicherung für die Geschichte – und für Brooklyn. Sein Kampfgeist und sein großes Herz machen ihn zum perfekten Good Guy und auch wenn sich dahinter noch mehr verbirgt, überwiegt seine liebe Seite. Und obwohl ich beide Figuren mochte und obwohl mir die beiden doch ans Herz gewachsen sind, wollte die Dynamik nicht so recht in Fahrt kommen. Die Dialoge waren zum Teil wirklich schön, aber es funkte nicht – es berührte mich nicht und ich konnte die Emotionen nicht spüren – diese Verliebtheit, von denen jedes NA-Buch lebt und die so essentiell ist. Ich spürte die Innigkeit zwischen Brooklyn und ihrer besten Freundin, ich spürte sie zwischen Chase und seinem besten Freund, ich spürte sie zwischen Brooklyn und deren Mutter; aber nicht zwischen den beiden Hauptfiguren. Sehr schade. Dafür habe ich jetzt bereits angeteasert, dass mir die Nebenfiguren alle wirklich gut gefallen haben. Sie alle waren auf ihre Art und Weise authentisch und im Gesamten sehr abwechslungsreich und vielschichtig. Sogar die ein oder andere Entwicklung konnte ich bei ihnen feststellen und kann deshalb nur von ihnen schwärmen. Der Schreibstil von Sarah Stankewitz überzeugt durch eine sehr dichte Atmosphäre und sehr bildhafte Szenen. Ich fühlte mich innerhalb der Geschichte sehr wohl, fand mich problemlos zurecht und sah mich vor meinen inneren Augen oft neben Chase oder Brooklyn sitzen. Die Erzählform ist leicht und locker, trotz der teils schweren Themen, die behandelt werden. Die Emotionen, sofern sie da waren, erreichten mich und wurden intensiv und realistisch transportiert. Auch die Aufteilung des Buches in Form der zwei unterschiedlichen Perspektiven, tut der Geschichte und den beiden Hauptfiguren sehr gut weil sie für mehr Tiefgang und Greifbarkeit sorgen. Vieles wurde durch die Augen des anderen verständlicher und die Handlung oft noch lebendiger. In Sachen Erzählstil und Wortwahl gibt es schlicht nichts zu kritisieren, außer die fehlende Spannung zwischen Brook und Chase. Da hätte ich mir einfach noch ein wenig mehr gewünscht. FAZIT: Schlussendlich kann ich sagen, dass es wohl nicht mein größter Fehler war, das Print-Buch auszusortieren. „Perfectly Broken“ von Sarah Stankewitz war nichts Außergewöhnliches, sondern einfach bekanntes New Adult mit wenig Unvorhersehbarkeiten. Besonders während des mittleren Teils des Buches fehlte es an mitreißenden Geschehnissen und einnehmenden Emotionen. Dafür gab es davon während des Einstiegs und während des letzten Drittels wieder etwas mehr. Alles in allem konnte mich das Buch gut unterhalten, mal mehr, mal weniger, aber alles in allem keine schlechte Geschichte, sondern einfach schon ein wenig abgedroschen. Ich hab mich letztlich für einen gesunden Mittelweg entschieden und wer noch nicht allzu viel New Adult gelesen hat, hat sicher Freude daran.

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