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papierfliegerin

Posted on 2.12.2020

Das erste, was einem direkt positiv auffällt, ist der Schreibstil. Arno Strobel erzeugt mit seinen Worten einen regelrechten Sog, und das von Beginn an. Man fühlt sich sofort angekommen in der Geschichte, mitgerissen von den anfänglichen Geschehnissen und wohl an der Seite des Protagonisten. Dabei schreibt der Autor sehr locker, obwohl die Spannung dadurch nichts einbüßt. Die Handlung ist verständlich und gut geklärt, die nötigen Fachlichkeiten einfach in den Fluss eingewoben und die Atmosphäre unheimlich dicht und einnehmend. Man hätte dieses Buch kaum besser erzählen können. Alles ist an Ort und Stelle, jedes Wort harmoniert mit dem vorherigen und die Geschwindigkeit ist durchweg sehr rasant. Die wenigen Ruhephasen, die vorkommen, sind mit interessanten Hinweisen gespickt und alles andere als langweilig und ich kann den Stil nur in höchsten Tönen loben. Wir lesen übrigens nicht nur aus Sicht unserer Hauptfigur, sondern bekommen auch noch kurze Einblicke in die Sichten des Opfers; allerdings nur unregelmäßig und das treibt die Rasanz mächtig voran. Bei Thrillern, oder wie in diesem Falle, bei Psychothrillern, ist es oft schwer, etwas Neues zu erschaffen. Natürlich ist das Hacken von Softwares, um damit Verbrechen zu begehen, nichts Neues. Doch viel wichtiger ist für mich stets die Umsetzung einer Idee. Arno Strobel hat in „Die App“ auf Undurchsichtigkeit, möglichst viel Raum für Spekulationen und Gedankengänge, und auf eine gute Mischung aus Polizei-Arbeit und eigene Ermittlungen von Seiten der Hauptfigur, Wert gelegt und es ist ihm gelungen, diese Komponenten miteinander zu verknüpfen, ohne dass etwas davon überhand nahm. Schon der Einstieg lässt kaum Wünsche offen. Es beginnt erstmal ruhig, indem wir Hendrik und seine Lebensumstände kennenlernen. Doch schon sehr kurz danach geschieht dann das, was der Klappentext verrät: Linda wird entführt und ab da steigert sich das Tempo quasi im Minutentakt. Es wurden immer wieder geschickte Wendungen platziert und Richtungen vorgegeben, die einen auf falsche Fährten lockte. Schon nach der Hälfte hatte ich keinerlei Idee mehr, wem ich trauen konnte und wem nicht. Und das macht für mich einen guten (Psycho)Thriller aus. Da konnte ich über die ein oder andere Vorhersehbarkeit, die definitiv auftrat, auch locker hinwegsehen. Denn gewisse Hinweise wiesen trotz aller Undurchsichtigkeit der Charaktere durchaus auf den großen Twst hin und auch auf die Auflösung. Aber der Weg dorthin war so voller Spannung, Abwechslung und dichter Atmosphäre, dass das um so vieles mehr Wert ist als ein super unerwartetes Ende. Der Spannungsbogen war durchweg sehr hoch, es gab viele interessante Elemente und Einblicke in die technische Seite der Geschichte und so viele Möglichkeiten. Ich merke irgendwie gerade, dass ich mir selbst irgendwie widerspreche, aber es gibt so viele Auflösungen und Wendungen innerhalb dieses Thrillers, dass die unvorhersehbaren Elemente trotz offensichtlicher Aspekte deutlich überwiegten. Ergibt das Sinn? Ich hoffe. Mir gefiel einfach der Aufbau und die Abhandlung, der Verlauf und die ganzen Verwirrspiele, die hier stattfinden. Arno Strobel hat in „Die App“ einige sehr interessante Thematiken miteinander verwoben, ohne dass die Logik darunter gelitten hätte. Typische Verbrechen kombiniert mit hochmoderner Technik als Hilfe – ein sehr kluger Einfall und definitiv geglückt. Außerdem werden dem Leser Gedanken eingeimpft, über die man stundenlang nachdenken kann und muss dann feststellen, dass der Autor ganz bewusst mit einem gespielt hat. Großartig! Und auch wenn die Auflösung nicht die größte Überraschung aller Zeiten war, so war sie doch so spannend, packend, mitreißend und interessant, dass die fehlende Überraschung beinah untergeht. Das Tempo wurde noch einmal um einiges gesteigerte, es passierte so vieles Knall auf Fall und ich spürte regelrecht, wie ich mit angehaltenem Atem durch die Seiten rauschte, immer schneller, immer gespannter, was noch alles ans Licht kommen würde. Ein wirklich gelungenes, actionreiches und explosives Finale dieses Psychothrillers, das es definitiv in sich hatte und auf beinah allen Ebenen überzeugt. In diesem Thriller treffen wir auf erstaunlich viele Charaktere, und sie alle unterscheiden sich ganz erheblich voneinander. Vom bodenständigen Arzt bishin zum undurchsichtigen Polizisten; von der intelligenten Studentin bishin zum hilfsbereiten besten Freund. Mir gefiel vor allem die Dynamik die untereinander herrschte. Misstrauen, Zwietracht, Ehrlichkeit, Lügen – es waren so viele verschiedene Konstellationen vertreten, und sie änderten sich auch immer wieder. Selbst als Leser schwankte man durchweg, wem man sein Vertrauen schenken konnte, wer es verdiente und wer es vielleicht missbrauchen würde. Eine sehr einnehmende Undurchsichtigkeit, die mich persönlich sehr bei Laune halten konnte und immer wieder zum Miträtseln animieren. Doch auch der Protagonist Hendrik begeistert. Seine uneingeschränkte Loyalität und seinem festen Glauben, Linda sei entführt worden, machten ihn so liebenswürdig und sympathisch. Doch im Laufe der Zeit fragt man sich doch unweigerlich, ob er sich da nicht Hals über Kopf in etwas verrannte. Mir gefiel aber sein Wille, sein Ehrgeiz und sein Mut. Er schlussfolgerte oft richtig, hatte Krips und zeigte Initiative, um voran zu kommen. Auch wenn ich nicht jede seiner Handlungen und Entscheidungen guthieß, so verstand ich ihn doch oft gut genug, um darüber hinwegsehen zu können. Mir ist natürlich auch klar, dass gewisse Reaktionen und Taten nötig sind, um die Geschichte voran zu bringen und oft spürte ich das bei bei Hendrik ganz deutlich. Ich hätte mir gewünscht, dass er vielleicht manchmal etwas bedachter gehandelt hätte, etwas überlegter, ehe er überstürzt alles auf eine Karte setzte. Aber man kann nicht alles haben und alles in allem war ich glücklich, Hendrik auf der Suche nach seiner Verlobten begleiten zu dürfen. Er war eine gelungene Mischung aus besorgtem Lebensgefährten, ambitioniertem Arzt und authentischem Protagonisten. Sein Auftreten gefiel mir im Gesamtpaket sehr gut, auch wenn die ein oder andere Macke definitiv hervorstach. Wer mir hingegen noch positiver in Erinnerung geblieben ist, ist Alexandra. Sie ist nicht die wichtigste Figur auf diesem Schachbrett, aber sie ist derart mysteriös und undurchsichtig, dass man sich stets freute, wenn sie ins Spiel kam. Sie brachte Raum für Spekulationen und Rätsel mit, sorgte immer wieder für Zündstoff und ich ertappte mich mehr als einmal dabei, wie ich über sie und ihre Stellung in dieser Geschichte, nachdachte; selbst dann wenn sie grad mal gar keinen Auftritt hatte. Ansonsten überwiegen auch in Bezug auf die anderen Figuren die positiven Eindrücke. Jeder war für sich einzigartig und vom Autor sehr ausreichend detailliert dargestellt. FAZIT: „Die App“ von Arno Strobel ist ein top recherchierter, gut durchdachter Psychothriller voller Spannung, Action und überraschenden Wendungen. Zwar ist das große Finale nicht unbedingt total unvorhersehbar, aber dafür einfach genial in Szene gesetzt und sehr temporeich abgehandelt. Hendrik als Protagonist ist sympathisch und glaubhaft, handelt nur manchmal etwas kopflos und unbedacht. Trotzdem ist er keineswegs dumm, sondern beweist durch Mut, Stärke und Intelligenz, dass er das Zeug hat, den Leser für sich einzunehmen. Als letzter Punkt auf der langen Liste geht’s noch fix zum Schreibstil, der wie erwartet, absolut makellos ist und eine sehr dichte Atmosphäre schafft, die der Handlung enorm in die Karten spielt. Kein Highlight, aber trotzdem großartige Unterhaltung mit Fesselungs-Garantie.

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