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joberlin

Posted on 2.12.2020

Auf dieses Buch hatte ich mich gefreut. Der Name Safran Foer, der Buchtitel, die Inhaltsangabe haben mich gleich angezogen. Doch bald stellte ich fest, dass die Erwartungen zu hoch waren, denn wo ich mir eine berührende, verstörende Geschichte aus der deutsch-besetzten Ukraine vorstellte, fand ich eine Art Familienalbum, zu detailreich und dadurch langatmig erzählt, gedacht wohl eher für Kinder, Enkel, Urenkel als für ein breites Lesepublikum. Die durchaus interessanten Schicksale der jüdischen Dörfer und ihrer Bevölkerung versickern - durch viel zu viele Aufzählungen von Cousinen, Bekannten, Bekannten von Bekannten – wie wertvolle Steinchen im Sand. Esther Safran, geboren 1946, emigriert mit ihren Eltern nach dem Krieg, sie verbringt die ersten Lebensjahre in einem Lager für displaced persons in Deutschland, bevor die Ausreise in die USA gelingt. Esther studiert und wird erfolgreiche Geschäftsfrau. Ihr Sohn Jonathan Safran Foer bereiste bereits die alte Heimat Ukraine und leider – er fand kaum noch Spuren der Familie, doch aus den Notizen entstand der Romanwelterfolg "Alles ist erleuchtet". Esther geht nun mit dem Sohn Franklin erneut auf Spurensuche: Ihr sollt wissen, dass wir noch da sind – und so müssen sich doch Belege für das jüdische Leben, für die Familie in den Dörfern Kolky und Trochenbrod finden lassen. Die Fahrt erlebe ich als pressebegleiteten Erinnerungstourismus, viele ähnlich motivierte Mitreisende sind dabei, alle auf der Suche nach den Familienwurzeln. Mich kann das – bei aller Betroffenheit – nicht wirklich packen. Das Buch ist kein literarisches Werk, es sind Erinnerungen, die – in ihren vielen kleinen Einzelheiten - wohl zunächst nur für die eigene Familie gedacht und diese ermahnt, Namen, Orte, die eigene Geschichte nicht zu vergessen. Diese Aufgabe hat Esther Safran sehr gut erfüllt.

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