sbs
Der britische Journalist James Montague hat wirklich mit die extremsten Fans der Welt getroffen, darunter auch solche, denen der Fußball mehr oder weniger egal ist, die jedoch inmitten der Ultras ihre Heimat gefunden haben. Diese Heimat kann ein gefährliches Pflaster sein, wie man schon im Vorfeld vermutet, hier jedoch an vielen Stellen direkt erfährt. Es ist nicht meine Welt – das wusste ich vorher schon, in dem Buch erhält das Fernhalten von solchen Strukturen aber in einigen Hinsichten noch weiteres Futter. Ich schaue mir gerne tolle Choreos an, aber damit hat es sich auch schon. Natürlich kann man nicht alle Ultras über einen Kamm scheren – tut der Autor auch nicht – aber es ist eine Welt für sich. Vor allem in den lateinamerikanischen Ländern, aber auch in Indonesien und Co wird es nicht selten auch richtig gefährlich, auch für den Autor, der mittendrin ist und das, obwohl Ultras Journalisten auch nicht unbedingt mögen…nur Polizisten scheinen sie noch weniger zu mögen und auch der Kommerz kommt nicht nur in Deutschland nicht so an. Themen wie Gewaltbereitschaft, aber auch Kreativität und Moralvorstellungen der Ultras weltweit werden hier offenbart. Manches davon ist kein Geheimnis, wie „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“, dennoch hat der Autor mir die Augen geöffnet für die Menschen, die hinter der Choreo stehen und teilweise wirklich einfach nur ihre Mannschaft unterstützen, während andere ganz andere Motive haben. Vor der Recherche muss man einfach den Hut ziehen. Der Autor scheut kaum ein Risiko und es ist sehr interessant, wie unterschiedlich die Ultras und ihre spezielle Kultur sind. Auch der Umgang mit den Ultras, die teils heftige Maßnahmen vom Staat zu fürchten haben, an anderer Stelle jedoch den Machthabern mit ihren Aktionen in die Hände spielen bzw. auch dafür engagiert zu werden scheinen, ist sehr unterschiedlich. Da manches recht düster ist, vor allem die nationalistischen und faschistischen Aktionen haben mich abgestoßen, konnte ich das Buch nicht auf einen Sitz lesen. Dabei hätte der Schreibstil das durchaus hergegeben, denn so einiges ist emotional aufgeladen, spannend und mir haben es vor allem die politischen Verquickungen angetan. Trotzdem hat mir ein wenig das Stadiongefühl gefehlt, mit dem ich fest gerechnet hatte und manches war auch schon fast zu ausführlich, sodass ich dann doch einen Stern abziehe. Ein Sachbuch, das unter die Haut geht und trotz extrem vieler Fakten, alles andere als trocken und fad ist. Eine gewisse Fußball-Affinität sollte man schon mitbringen, aber ein gesteigertes Interesse ist nicht nötig, um sich auf die Berichte aus der Subkultur einzulassen.