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Buchdoktor

Posted on 1.12.2020

Inhalt Mit über 90 Jahren will Hagar Shipley nicht wahrhaben, dass ihre Kräfte schwinden und Sohn und Schwiegertochter mit ihrer Pflege allein schon körperlich überfordert sind. Mit dem letzten Funken Lebenskraft kämpft sie gegen den Umzug in ein Pflegeheim. Die Auseinandersetzungen mit Marvin und Doris verschwimmen mit Erinnerungen an ihre Kindheit im fiktiven Prärieort Manawaka, ihre Ehe mit dem Farmer Bram und das Aufwachsen ihrer Söhne. Hagars Vater Jason Currie kam praktisch als Kind allein aus Schottland in die kanadische Prärie und arbeitete sich bis zum Ladenbesitzer hoch. Es ist eine Zeit, in der man im Zweispänner fährt, in der Kinder kilometerweit allein zur Schule reiten und als Petroleumlampen mit Glaszylindern Licht spendeten. Currie gehörte zur Generation „Nicht gemeckert ist genug gelobt“ oder „Harte Arbeit hat noch niemandem geschadet". Seine Söhne konnten den Anforderungen des Vaters nie genügen. Hagar, die nach dem Tod ihrer Mutter vom Dienstmädchen „Tante Doll“ aufgezogen wird, entwickelt sich zu dem klugen Kopf, den der alte Jason sich als Nachfolger gewünscht hätte. Doch anstatt ein Geschäftsmodell zu entwickeln, das seiner Tochter finanzielle Unabhängigkeit schafft, schickt er sie zur Ausbildung und Erziehung „in den Osten“ nach Toronto, um sie, elegant und gebildet, auf dem Heiratsmarkt zu verhökern. Hagar verliebt sich jedoch beim Tanz ausgerechnet in den Farmer Bram, der lieber angelt, als auf der Farm zu schuften. Erst in ihren Flashbacks aus der Gegenwart wird Hagar deutlich, dass sie unreflektiert die Haltung ihres Vaters übernam, unter der sie selbst gelitten hatte, und ihre Söhne damit unglücklich machte. John und Marvin durften nicht die Männer sein, die sie sind, sondern mussten Hagars unverrückbarem Bild genügen. Margaret Laurence's Leser werden zurück in Kanadas Siedlergeschichte in eine kleine Präriestadt geführt, deren Mittelpunkt der Gemischtwarenladen war. Von der Axt bis zum Stoff vom Ballen gab es bei Curries alles zu kaufen. Was der Laden nicht im Angebot hatte, wurde aus dem Katalog z. B. der Hudson‘s Bay Company bestellt. Als Icherzählerin tritt Hagar in der Rolle der boshaften Alten auf, die hinter der kessen Fassade längst zu krank und zu schwach ist, um sich Herablassung gegenüber der unfähigen restlichen Welt noch leisten zu können. Als Frau eines erfolglosen Farmers blieb Hagar nichts mehr vom Stolz ihrer Sippe auf ihre Herkunft aus einem schottischen Clan. Margaret Laurences Romanzyklus aus dem Manawaka-Universum war in Kanada sehr populär. "Der steinerne Engel" (2007 verfilmt) erschien in Deutschland bereits 1965. Nah an ihrer eigenen Biografie erzählt Laurence mit vielen historischen Details von Figuren, in denen Leser auf der ganzen Welt ihre eigenen Vorfahren erkennen können. Auf die Ichperspektive Hagars begrenzt, kippt man in den Momenten unsanft aus der Geschichte heraus, wenn ihre Lebenslügen und ihre starrsinnige Haltung der Vergangenheit deutlich werden. Über Sprache und Perspektive bin ich an einigen Stellen gestolpert, aber gern in die Welt Manwakas eingetaucht. Der Roman-Zyklus (nach Wikipedia) Der literarische Durchbruch gelang Laurence mit ihren späteren Romanen, die größtenteils in Kanada in der Gegend um ihren Geburtsort Neepawa spielen. Diese Romane werden bisweilen als „Manawaka-Serie“ bezeichnet. Die ersten drei Teile, - The Stone Angel (1964), - A Jest of God (1966) und - The Fire-Dwellers (1969) schrieb Laurence noch in England nach der Trennung von ihrem Ehemann. Eine breite Leserschaft erreichte sie in Kanada, wo sich Laurence mit der Trilogie als eine der bekanntesten Schriftstellerinnen etablierte. The Stone Angel ist bis heute ihr meistgelesenes Werk. 1974 wurde die Manawaka-Serie mit - The Diviners abgeschlossen, ein Roman, der verschiedene Figuren aus den früheren Teilen aufgreift und als ihr ambitioniertestes Werk gilt. Weitere Romane veröffentlichte sie danach nicht mehr; sie beschränkte sich auf Essays und Kinderbücher.

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