lovely_girl
Mit Nicci-French und ihren Psychothrillern hat meine Liebe zu diesem Genre begonnen. Seitdem muss ich jedes Buch von dem Duo lesen, denn sie versetzen mich stets in die Vergangenheit zurück. Bei diesem Klappentext wusste ich gleich, es wird ein großes Highlight. Die junge Tabitha versucht nach dem Tod ihrer Mutter in ihre alte Kleinstadt mit den wenigen Einwohnern zurückzukehren, um dort das Haus ihrer Mutter zu renovieren und ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen. Doch der Neustart endet für sie in einen Albtraum, als in ihrer Scheune die Leiche ihres ehemaligen Lehrers gefunden wird. Da Tabitha keine gute Beziehung zu diesem Mann pflegte, gerät sie sofort ins Visier der Polizei und wird wegen Mordes festgenommen. Zu ihrem Übel kann sie sich nicht an die Ereignisse an diesem Abend erinnern, so dass ihre Anwältin nicht an ihre Unschuld glaubt. Um ihre Unschuld zu beweisen, verzichtet sie auf einen Rechtsbeistand und versucht eigenhändig die Wahrheit ans Licht zu bringen. Dabei wühlt sie nicht nur in ihre Vergangenheit herum, sondern auch in der schmutzigen Wäsche der Dorfbewohner. Mit 500 Seiten liefern die Autoren einen spannenden Justiz-Thriller, der sich mit vielen Themen beschäftigt. Zu Anfang begleitet man Tabitha in ihrem Alltag als Gefangene, die auf den Tag wartet, an dem sie das erste Mal vor einem Richter steht. Anschließend gewinnt die Handlung an Pfad, denn Tabitha merkt immer mehr, dass niemand ihr Glauben schenkt und sie auf sich allein gestellt ist. Tabitha ist eine Frau, mit der man ungern befreundet sein möchte. Ihre kratzbürstige Art verscheuchte so den ein oder anderen. Doch genau diese Eigenschaft gefiel mir so sehr, denn sie bewies Stärke und Mut, da ihr nichts anderes übrig blieb. Mit der Zeit lernt man sie besser kennen, und dabei wird einem bewusst, dass sie eine Schutzmauer im Laufe ihres Lebens aufgebaut hat. Diese Mauer sollte sie vor allen Leuten schützen. Als Tabitha auf einen Rechtsbeistand verzichtet musste ich ebenfalls den Kopf schütteln, da es verrückt war, dennoch konnte ich ihre Sicht nachvollziehen. Während der Zeit in Untersuchungshaft versuchte Tabitha die wichtigsten Bewohner zu befragen. Bei ihrer Befragung im Gefängnis und vor Gericht benahm sie sich –mit Ausnahmen- sehr professionell und raffiniert. Sie wusste stets die richtigen Fragen zu stellen, so dass der von sich überzeugende Staatsanwalt von ihr begeistert war. Als Unterstützung hatte Tabitha ihre ehemalige Zellengenossin an ihrer Seite, die die temperamentvolle Tabitha auf den Boden der Tatsachen brachte. Denn sie leidet nach einem Trauma an Depression, so dass sie Schwierigkeiten dabei hat, ihre Emotionen unter Kontrolle zu halten. Mit dem flüssigen und packenden Schreibstil sorgt das Duo wieder für einen spannenden Thriller, den ich kaum aus der Hand legen konnte. Wenn ich es bei Seite legen musste, drehten sich meine Gedanken nur um die Geschichte, denn ich musste immer wissen wie es weiter geht. Dieses Gefühl hatte ich lange nicht bei einem Buch gehabt. Ich war einmal darin und es fühlte sich wie ein Sog an. Das Setting und die Protagonisten wurden so detailreich beschrieben, so dass ich mich gleich mitten im Geschehen befand und mir jeden einzelnen Charakter bildlich vorstellen konnte –ganz besonders Tabitha schmuddelige Aussehen. Mit den vielen Cliffhangern und den kurzen Kapiteln wurde das Buch zu einem Pageturner. Die Handlung wird zwar aus Tabithas Perspektive erzählt, dennoch in der dritten Person, welches ich als unangemessen empfand, da man sich nicht zu 100% in ihre Lage hinein versetzen konnte. Dennoch schaffte ich es, den Gedanken mit der Zeit bei Seite zu schieben. Abschließend gefielen mir die Szenen vor Gericht, denn man lernte mehr über das englische Rechtssystem kennen. Fazit: Seit langem konnte mich ein French-Thriller nicht so sehr in seinen Bann ziehen wie dieser. Ich konnte unserer Protagonistin jedes Leid abnehmen und mit dem flüssigen Schreibstil wurde es zu einem großartigen Justizthriller, welches ich nur weiter empfehle!