Schattenwege
»Ein Typ, den ich mal getroffen habe, hat sie schwarze Straßen genannt – Straßen, die Orte der Dunkelheit miteinander verbinden und kreuz und quer durch Amerika führen. Halte dich an die schwarzen Straßen und irgendwann begegnest du jedem unheiligen Gräuel, das das Land zu bieten hat. Es ist ein Netzwerk. Manche Leute nennen es den dunklen Highway oder die Demon Road. Sie verläuft keine zwei Mal gleich, und es gibt keine Karten, die einem den Weg weisen könnten.« (Seite 100/101) Schon lange ist Derek Landy aus der Jugendliteratur-Welt nicht mehr wegzudenken. Mit seiner "Skulduggery Pleasant"-Reihe hat er sich in die Herzen vieler Leser geschrieben, auch außerhalb seiner jugendlichen Zielgruppe. Wem diese Reihe bisher zu umfangreich war, um nur mal in Landys Schreibstil reinzuschnuppern, der darf sich nun über den Auftakt zu einer neuen Reihe freuen. Mit "Demon Road – Hölle und Highway" werden nun die Tore zur Unterwelt geöffnet, die sich weit näher an der Oberfläche der normalen Welt befindet, als mancher sich vorstellen möchte. Tatsächlich bewegt man sich als Leser gemeinsam mit der Protagonistin und ihrer Begleitung auf einer Art Route 66 der Hölle, aber eben nicht unter der Erde, wie man vielleicht vermuten würde. Derek Landy nimmt seine Leser mit auf einen RoadTrip der besonderen Art und liefert dabei jede Menge Unterhaltung. Mit seinem schwarzen Humor bewegt er sich zwar oft an der Grenze des guten Geschmacks, sorgt aber immer wieder für einen befreienden Lacher. Trotz der aufgrund des Settings eher düsteren Atmosphäre, deren Gestaltung greifbar gut gelungen ist, hat man nie den Eindruck, sich auf dem symbolischen Weg in die Hölle zu befinden – auch wenn der amerikanische Straßenverkehr dieser manchmal durchaus nahe kommt. Landy schafft es, den amerikanischen Lifestyle so authentisch aufs Papier zu bannen, dass man sich als Leser fast direkt neben den Protagonisten wähnt. Beeindruckend ist nicht nur die Gestaltung der Umgebung und der Atmosphäre, richtig viel Spaß bringen vor allem die Charaktere in die Geschichte. Angefangen bei Amber, die sich von einem Tag auf den anderen der Tatsache stellen muss, dass ihr gesamtes bisheriges Leben eine Lüge war, und damit überhaupt nicht klarkommt, weiter über Ambers Eltern und deren Freunden, die mit einer derartigen Kaltschnäuzigkeit daher kommen, dass es sie fast schon wieder sympathisch macht, und Milo, über den man sich zwar die ganze Zeit so seine Gedanken macht, aber bis zum letzten Drittel des Buches nicht wirklich viel erfährt, bis hin zu all den mehr oder weniger liebenswürdigen Nebencharakteren, von denen zahlreiche eine eigene Geschichte verdient hätten. Besonders hervorstechend ist dabei Glen, der die beiden eine Zeit lang begleitet und den Leser mit seiner unglaublich nervtötenden, aber gleichzeitig so liebenswerten Art so großartig unterhält, dass er die besten Chancen hat, zum Lieblingscharakter gekürt zu werden. Derek Landy beweist bei seiner Charakterdarstellung viel Liebe zum Detail und verlässt sich dabei, neben einigen abzudeckenden Klischees, vor allem auf seine innovativen Ideen. Es macht einfach Spaß, gemeinsam mit den Protagonisten durch die Seiten zu streifen und so manches Mal einfach nur lachen zu müssen. Sieht man einmal davon ab, dass die Beschreibungen für eine Altersempfehlung von 14 bis 17 Jahren teilweise doch sehr plastisch und möglicherweise ein wenig zu krass sind, kann "Demon Road – Hölle und Highway" so ziemlich auf ganzer Linie überzeugen. Man fühlt sich durchweg gut unterhalten und auch gut aufgehoben. Da fällt es auch kaum ins Gewicht, dass sich die Handlung manchmal ein wenig überschlagen möchte und dem Leser nur wenig Zeit bleibt, zwischen der ganzen Action auch mal durchzuatmen. Vielleicht ist aber genau das der Grund, warum "Demon Road – Hölle und Highway" ein derartiger Pageturner ist. Schon jetzt freut man sich auf den zweiten Band, dessen Übersetzung für September 2017 angesetzt ist – was auch den einzigen wirklichen Minuspunkt darstellt. Denn der Leser ist so von der Geschichte gefangen, dass die Wartezeit von einem ganzen Jahr unerträglich lang erscheint. Andererseits wäre doch genau jetzt die Gelegenheit, es eventuell doch mal mit "Skulduggery Pleasant" zu versuchen, sofern noch nicht geschehen … Fazit: Wer sich bislang aufgrund des Umfangs nicht an Derek Landys "Skulduggery Pleasant" gewagt hat, bekommt jetzt eine neue Chance, in den Genuss seines vielgelobten Schreibstils zu kommen. Mit "Demon Road – Hölle und Highway" startet eine neue Reihe um eine Jugendliche, die bereits mit dem Auftakt süchtig nach mehr macht. Mit jeder Menge schwarzem Humor und einer sich teilweise fast überschlagenden Handlung wird der Leser gefesselt und auf höchstem Niveau unterhalten. Teilweise sehr drastische, nicht gerade unblutige Darstellungen sind vielleicht nichts für wirklich Zartbesaitete, doch ein Blick zwischen die Seiten lohnt sich in jedem Fall. Eine klare Leseempfehlung nicht nur für die angedachte Zielgruppe, sondern auch für erwachsene Leser! Wertung: Viereinhalb von fünf Sternen Handlung: 4 / 5 Charaktere: 5 / 5 Lesespaß: 4.5 / 5 Preis/Leistung: 4.5 / 5