wandanoir
Wohin der Wind dich weht …. Oder: Des Kaisers neue Kleider. Wie der Rezensionstitel schon andeutet, weht in dem Roman „Aus der Zuckerfabrik“ der Gedankenwind der freien Kunst, der sowohl die Autorin wie auch die Leserschaft mal hierhin mal dorthin treibt. Wohin ist letztlich egal. Es gibt keinen Anfang und kein Ziel. Die Autorin überlässt es völlig ihren Lesern, die willkürlich aus ihren Gedanken und Erinnerungen oder mithilfe von Literaturzitaten aus der Historie auftretenden und herbeizitierten Geistesgrößen und deren Gedankensplitter, zu ordnen. Was schwierig ist, denn ein Ordnungskonzept ist nicht erkennbar. Weder erkennbar noch vorhanden. Es geht im weitesten Sinne um Lust, um Erinnerungen, um Essstörungen, um Schönheit, um Erfassen der Welt, einfach um alles – und leider auch um nichts. Nach allen Seiten offen - wird löchrig. Dies nennt man also experimentelle Literatur. Das ist erlaubt. Es ist sicher extreme Kunst, weil extrem künstlich. Aber ist es auch so interessant, dass jemand, nämlich die Leserschaft, derartige Gedenkensprünge nachvollziehen sollte? Äh, nein. Das muss zwar jeder für sich selber entscheiden. Ich breche diesen Roman jedenfalls nach 85 Seiten Quälerei und einigem Querlesen ab. Wie kommt „Aus der Zuckerfabrik“ auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises? Diese Juryentscheidung empfinde ich nicht als mutig, sondern als Zumutung und Provokation. So ist es wahrscheinlich auch gemeint. Wer, aus dieser Jury, hat einen Lustgewinn aus dieser Lektüre gezogen? Bitte aufzeigen! Denn dass der Begriff „Zucker“ ein Synonym für Genuß in jeder Variante, sogar für Lustexzesse sein soll, das versteht man. Mag sein, dass im Buch immant Gesellschaftskritik enthalten ist. Doch muss man tief graben, um sie zu finden. Nun kann ein Künstler experimentieren, Verlage können diese Experimente veröffentlichen, Kunstexperten können darüber diskutieren und sich daran ergötzen und diese Art Romane feiern. Aber eines dürfte schwierig werden, trotz aller Wertschätzung von Experten: diesen Roman zu verkaufen. Denn mir erscheinen solche Experimente wie des Königs neue Kleider, da ist nix dahinter. Der König ist nackt Fazit: „Aus der Zuckerfabrik“ ist am besten auf einer Lesung aufgehoben. Kategorie: Experimentelle Literatur Verlag. Hanser 2020 Shortlist des Deutschen Buchpreises 2020