Natalie
Die Geschichte: In einer Welt, in der Drachen entweder angebetet oder verabscheut werden, steht die Menschheit vor dem Beginn eines neuen Zeitalters. Im Westen kann die Königin Sabran Berethnet ihr Volk nur vor den bösen Drachen (den Lindwürmern) beschützen, indem sie eine Tochter bekommt und damit die 1000 Jahre alte Dynastie am Leben erhält. Sollte sie sterben, bevor sie eine weibliche Nachfolgerin gebärt, wird der gefürchtetste Lindwurm von allen wieder auferstehen und die Welt in Feuer und Asche verwandeln. An ihrem Hof befindet sich Ead, die sich als normale Dienerin an den Hof geschlichen hat, um die Königin zu beschützen. Niemand ahnt, dass sie dem Orden des Geheimen Baumes angehört, Magiern ist und wie niemand anders mit Waffen umgehen kann. Auf der anderen Seite des Ozeans, im Osten der Welt, lebt Tané, ein Waisenmädchen, dass es sich zum Ziel gesetzt hat, Drachenreiterin und damit eine der gefürchtetsten Kriegerinnen zu werden. Kurz bevor die Auswahlzeremonie beginnt, trifft sie einen Fremden am Strand und bringt ihn zu einem Ex-Chirurg, Nicholas Roos, der von Königin Sabran ins Exil geschickt wurde. Einziges Problem: Fremde werden sofort hingerichtet, da sie eine gefährliche Krankheit übertragen können. Sollte man jemandem helfen, das Land zu betreten, ist man ebenfalls schuldig. Das Positive: Es gibt alles, was man sich in einem High-Fantasyroman wünschen könnte: politische Intrigen, Drachen, Magie, Liebesgeschichten und ein epischer Kampf zwischen Gut und Böse. Großer Pluspunkt, der mir persönlich sehr gut gefallen hat: Es gibt deutlich mehr Diversität, was die Biologie der Drachen angeht. Es gibt Lindwürmer, die eher den typischen feuerspeienden Drachen entsprechen und die Drachen im Osten, die eher an die asiatischen Vertreter erinnern. Dazwischen gibt es Basilisken und andere Hybride, also schonmal deutlich mehr, als die “Standard-Drachen“, wie man sie aus klassischer Fantasyliteratur kennt. Samantha Shannon’s Schreibstil lässt ebenfalls nichts zu wünschen übrig und bei den actiongeladenen Szenen kann man das Buch einfach nicht zur Seite legen, da man auf jeden Fall wissen will, wie es weitergeht. Und der Cliffhanger am Ende des Buches hat es in sich! Das Negative: Man springt mit dem Kopf voran ins kalte Wasser. Selbst als erfahrene Fantasyleserin ist es mir sehr schwer gefallen, in die Geschichte einzutauchen. Die Charaktere werden kaum vorgestellt, es gibt nur sehr kurze Erklärungen und das Worldbuilding fällt am Anfang etwas zu kurz. Man braucht eine ganze Weile um sich mit den Charakteren vertraut zu machen und man muss regelmäßig ins Glossar gucken, um den Überblick zu behalten, da die Geschichte aus mehreren Perspektiven erzählt wird. Zum Glück wird das zur Mitte des Buches hin deutlich besser, sobald man einen Überblick über die Welt und ihre Charaktere hat. Dementsprechend schwerfällig ist aber auch der Anfang der Geschichte, was leider auch nicht zu 100% vom stark anziehenden Tempo der Geschichte ausgeglichen werden kann. Ein weiterer Kritikpunkt ist die ungleiche Verteilung der Erzählung. Man verbringt sehr viel Zeit mit Ead und der Geschichte im Westen der Welt, während die Geschichte im Osten auf mehrere Charaktere verteilt ist und vor allem die Geschichte von Tané fällt deutlich zu kurz aus. Das Fazit: Wenn man gerne und viel Fantasy liest, wird man dieses Buch auf jeden Fall mögen. „Der Orden des Geheimen Baumes“ hebt sich von anderen Werken des Genres ab und bietet eine frische Geschichte, bei der man nicht das Gefühl hat, sie schonmal irgendwo gelesen zu haben, wie es leider bei vielen Fantasybüchern heute der Fall ist. Man wird belohnt, wenn man sich durch den Anfang des Buches kämpft und erstmal mit den Charakteren warm wird, da die Geschichte ab der zweiten Hälfte des Buches sehr an Fahrt zulegt. Insgesamt hat das Buch keine zu großen Schwächen, die mich davon abhalten würden, das Buch weiterzuempfehlen, es hat mich aber auch nicht vollkommen vom Hocker gehauen. Mir fällt es schwer, dem Buch eine Bewertung zu geben, ich glaube dafür muss man zuerst den zweiten Teil lesen. Denn sollte der am Ende des Ersten anknüpfen, könnte sich die Geschichte auf jeden Fall noch zu einem Fantasy-Jahreshighlight entwickeln. Ich vergebe erstmal konservative 3.5/5 Sterne, in der Hoffnung, dass der zweite Band meine Erwartungen erfüllt.