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lit.erally.love

Posted on 17.11.2020

Drei Red Rising Bände praktisch ohne Pause zu hören, war wie eine XXL-Packung Essigchips innerhalb einer halben Stunde aufzuessen: Einmal angefangen kann man nicht mehr aufhören, nachher fühlt man sich irgendwie schlecht, besonders gehaltvoll ist es auch nicht, aber trotzdem macht es irgendwie Spaß. (So viel Spaß, dass man die Bände im Nachhinein unerklärlicherweise mit 4 - 4,5 Sternen bewertet.) In allen drei Red Rising Teilen begleiten wir den überaus großmütigen und allgemein mit wenig Schwächen ausgestatteten Darrow. Als einfacher Minenarbeiter entdeckt er, dass eine ganze Welt über seinen Tunneln existiert und macht sich auf, das korrupte System von innen zu zerstören. (Niemand, wirklich niemand kann mir sagen, dass das Symbol der Sichel für den „Roten“ Darrow rein zufällig gewählt wurde. привет!) Leider ist nicht nur Darrow ziemlich langweilig, das Gleiche gilt für praktisch alle Charaktere. Wenn sie zu Anfang noch begeistern, wird ziemlich schnell klar, dass sie sich meist über eine, vielleicht zwei Eigenschaften definieren. Auch die Dialoge und Witze scheinen sich ab einem Punkt etwas zu wiederholen. Noch krasser ist das bei weiblichen oder queeren Charakteren - zweitere sterben entweder sofort oder sind ein wandelndes Klischee. (Der bi/pansexuelle Player, der schwule Tanz- & Benimmlehrer etc.). Der weibliche Hauptcharakter ist praktisch nur für die Romanze da und wirklich sterbenslangweilig. Trotzdem mochte ich einige Charaktere sehr gern, zumindest so sehr, dass ich mit einer Freundin über buchstäbliche STUNDEN diskutiert habe. Pierce Brown bedient sich auch an weiteren Stellen Klischees, was ich aber in dem Fall weniger schlimm finde. So werden einige klassische Dystopie-Tropes aufgegriffen, aber sehr schön umgesetzt. Beeindruckend an Red Rising ist das phänomenale Worldbuilding. Es ist vielschichtig, interessant und wirklich innovativ - besonders gefiel mir der Mix aus römischer Geschichte & Space Opera. Es trägt gemeinsam mit dem fesselnden Schreibstil dazu bei, dass man komplett gefesselt ist und sich alles gut vorstellen kann. Wo Charaktere scheitern, setzt zum Glück der Schreibstil ein. In Red Rising reihen sich spannende Actionszenen nahtlos ineinander über, es ist großartig, wie perfekt jede Handlung ineinander überfließt. Auch der Plot ist ab und an leicht voraussehbar, aber nur, weil bei Darrow sowieso nie lange was schiefläuft. Daraus folgt das angenehme Gefühl der Sicherheit, dass Darrow auch in der schlimmsten Situation noch ein Ass im Ärmel hat - was sich jedes Mal wieder bestätigt. In Teil 3 nimmt die Spannung leider etwas ab, das Ende ist eher einfach gelöst und könnte weniger auf Kitsch beruhen. Sowohl die Übersetzung als auch die Hörbuchlesung sind toll! Red Rising hat vielleicht langweilige Charaktere und manchmal musste ich wegen der Klischees oder dem etwas einfachen Ende mit den Augen rollen. Öfter habe ich aber fast geweint, wenn was schlechtes passiert ist. Und unter meiner Maske wie eine Irre gegrinst. Und meine Freundinnen zugespammt. Und das Fandom auf allen Websiten nachgeguckt (Pinterest, AO3, tumblr, Reddit, und, ich schäme mich ein bisschen - Wattpad). — FAZIT: Red Rising ist eine Serie, die meiner Meinung nach nicht durch die Charaktere oder den Plot überzeugt, sondern viel mehr durch den Suchtfaktor, den Schreibstil, das Worldbuilding und die beklemmende Atmosphäre.

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