miss_pageturner
Piranesi zog mit seinem Cover sofort meine Aufmerksamkeit auf sich, als ich die Neuerscheinungen durchging. Als Archäologie-Freak zogen mich der Satyr und die Säule sofort in ihren Bann und der Klapptext tat sein Übriges, dass ich dieses Buch unbedingt lesen wollte. Das Haus der tausend Säle Das Buch ist als Tagebuch aufgebaut. Genauer gesagt lesen wir die Tagebucheinträge von Piranesi. Dieser lebt in einem gigantischen Haus mit unermesslich vielen Sälen und Vestibülen voller Statuen. In den oberen Etagen ziehen Wolken umher und in den unteren brandet ein ganzer Ozean gegen die Wände. Das Haus ist Piranesis ganze Welt und er lebt im Einklang mit ihm. Doch da ist noch “der Andere”. Er war es, der Piransi seinen Namen gab, nach dem berühmten Architekten und Archäologen Giovanni Battista Piranesi, auch wenn Piranesi nicht glaubt, dass das sein eigentlicher Name ist. Überhaupt, scheint es in dem Haus mehr Geheimnisse zu geben, als Piranesi zuerst dachte. Schon von der ersten Seite an hatte mich das Buch gefesselt. An Piranesis Seite, der regelmäßig auf Erkundungstouren geht, lernen wir zunächst das Haus und seine Eigenarten kennen. Die Autorin schafft es dabei meisterlich dem leer Piranesis Welt vor Augen zu führen. Man hat die gigantischen Säle und die imposanten Statuen direkt vor den Augen. Zugleich ist Susanna Clarkes Schreibstil auch wunderschön poetisch, wirkt dabei aber nicht schwülstig oder zu blumig. Man verliert sich in diesem Buch. Streitet gedanklich durch die Säle entlang, nur begleitet von dem Rauschen der Wellen und dem Gesang der Vögel (neben Fische und Muscheln, die einzigen Tiere im Haus). Das Buch ist Entschleunigung pur. Gleichzeitig ist es aber auch unheimlich spannend, denn das Haus hat viele Geheimnisse. Gekonnt gibt uns die Autorin Hinweise, führt und wie an Ariadnes Faden entlang durch das Buch, lässt uns aber auch immer wieder Zeit zu verweilen und mit Piranesi zusammen Gedanken über das Leben, den Tod und alles dazwischen nachzugehen. Das Buch zu lesen, ist wie in einen Bann gezogen zu werden und wenn man es am Ende zuschlägt, fühlt man sich, als sei man aus einem Traum erwacht, von dem das Geräusch von Flügelschlägen und Schritten in riesigen Sälen noch nachhallt. Fazit: Piranesi ist ein Buch, in dem man sich verliert, in dem man aber auch unglaublich viel findet. Es ist malerisch, poetisch, zart und mystisch. Durch seine vielen Geheimnisse baut es konsequent Spannung auf. Es fesselt und entschleunigt gleichzeitig, eine faszinierende Mischung, die für mich ein ganz heißer Kandidat für den Titel Jahreshighlight 2020 ist. Klare Leseempfehlung von mir!