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bines_brimborium

Posted on 16.11.2020

Wow, so eine ruhige, atmosphärische Geschichte, die trotzdem an keiner Stelle langweilig war. Im Grunde geht es um zwei Brüder aus dem ländlichen Österreich - einem Setting, das an sich schon bemerkenswert ist, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so wirkt. Die Umgebung der Figuren wirkt wie aus der Zeit gefallen. Man fühlt sich meist, als wäre man in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, bis plötzlich Tablets und Smartphones erwähnt werden und man wieder erinnert wird, dass man im hier und jetzt ist. Generell hat mich die extrem atmosphärische Beschreibung der Landschaft und Städtchen vollkommen in seinen Band gezogen. Das Buch hat keinen außergewöhnlichen Wortschatz und ist trotzdem auf eine für mich kaum nachvollziehbare Weise meisterhaft geschrieben. Super faszinierend! Ebenso wie die Geschichte der Brüder, auch wenn sie kaum etwas Außergewöhnliches an sich hat. Viel mehr lassen sich die Brüder vom Schicksal treiben, sind sehr passiv, nur punktuell packt sie irgendeine Leidenschaft. Diese gewöhnen sie sich aber meist schnell ab, weil alles zum Scheitern verurteilt scheint. Ich finde, das Buch zeigt gut, welche schlimmen Konsequenzen es haben kann, wenn man kein Interesse für etwas oder Empathie für andere entwickelt. Auch wenn der Vater der Geschichte das andere Extrem darstellt. Das Salz in der Suppe stellten die Ausflüge in Richtung True Crime und Sekten dar, die auf eine einerseits unbeteiligte, andererseits subjektive Perspektive beleuchtet wurden. Das hat mir total in die Karten gespielt und fand ich einfach super interessant umgesetzt. Dafür, dass die Handlung ziemlich pessimistisch erscheint, ist das Ende für beide Brüder erstaunlich versöhnlich, was das Buch für mich unfassbar rund gemacht hat, ohne dass einem das Wort "Kitsch" auch nur in den Sinn kommt. Ein wirklich tolles Buch, das ich aus vollem Herzen weiterempfehle. Tatsächlich fällt mir nichts auf, das ich bemängeln könnte.

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